Grazer Stadionfrage: Rück- und Ausblick

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Die Merkur Arena ist in die Jahre gekommen. Nicht zuletzt wegen der sportlichen Erfolge von Sturm und GAK kommt der Stadion-Frage eine besondere Bedeutung zu.
Foto: © Harry Schiffer, MCG

Um die „Stadion-Frage“ in Graz auf breiter Basis zu diskutieren, wurde im September 2023 ein Ausschuss im Gemeinderat eingerichtet. Zunächst kamen 16 Grundstücke als mögliche Standorte infrage. Nach näherer Prüfung blieb neben dem aktuellen Stadion in Liebenau ein Areal in Puntigam übrig. Es wurde beschlossen, eine vertiefende Machbarkeitsstudie durchzuführen, um einen Grundsatzbeschluss für eine „Ein-Stadion-“ oder „Zwei Stadien-Lösung“ ergebnisoffen treffen zu können.

In der Gemeinderatsdebatte nahm KPÖ-Finanzsprecherin Daniela Katzensteiner ausführlich dazu Stellung.

Fußball zählt definitiv zu den beliebtesten Sportarten. Er wird nicht nur von vielen Grazern und auch Grazerinnen in vielen Klubs und Hobbyvereinen aktiv ausgeübt, er zieht auch zehntausende Zuschauerinnen und Zuschauer in seinen Bann. Für den Grazer Profifußball ist 2024 ein besonders erfreuliches Jahr. Der SK Puntigamer Sturm Graz ist Cupsieger und Meister geworden. Der GAK 1902 hat die zweite Liga souverän gewonnen und ist zurück in der Bundesliga.

Nicht zuletzt deshalb kommt der Stadion-Frage eine besondere Bedeutung zu.

An den parteitaktisch motivierten Debatten werden wir uns als KPÖ nicht beteiligen, sondern wollen uns dem Thema, das oft sehr emotional diskutiert wird, rational nähern.


Zuerst ein Blick zurück

1997 wurde das Stadion in Liebenau eröffnet mit einem Derby, das der SK Sturm 4:0 gewonnen hat. Die beiden großen Grazer Vereine, Sturm und GAK, haben sich dazu entschlossen, die Gruabn und das Casino-Stadion, die ihnen jahrzehntelang Heimat waren, aufzugeben und zusammenzuziehen – in eine gemeinsame neue Heimstätte. Das Arnold-Schwarzenegger-Stadion, wie es bei seiner Eröffnung geheißen hat, wurde auf dem Gelände des früheren Bundestadions um umgerechnet 27 Millionen Euro errichtet. Die Kosten haben sich Bund, Land und Stadt zu 50, 30 und 20 Prozent aufgeteilt. Kostenpunkt für die Stadt also 5,2 Millionen Euro.

Im Vorfeld der EM 2008 ist im Raum gestanden, dass auch Graz ein Austragungsort sein könnte. Die Chance, Liebenau auszubauen und auf den neuesten Stand zu bringen, wurde nicht genutzt. So wurde in Klagenfurt eine Arena errichtet und bis heute hat sich keine Gelegenheit für Graz ergeben, zu größeren finanziellen Mitteln für ein Stadion zu kommen.

In den 27 Jahren seit es das Stadion gibt, hat der GAK sieben Jahre, also etwa ein Viertel der Zeit, von 2012 bis 2019, nach den Verwerfungen, die schließlich zum Neubeginn in der 1. Klasse und dem Durchmarsch zurück in den Profifußball geführt haben, nicht in Liebenau gespielt, sondern in Weinzödl.

Mit der Rückkehr der Roten in die oberen Spielklassen war auch ihre Rückkehr in die Merkur Arena verbunden. Vorschriften des ÖFB, die vor allem mit TV-Übertragungen zu tun haben, machen es unmöglich, dass die Spiele der Kampfmannschaft in Weinzödl ausgetragen werden.

Diese Rückkehr hat aber auch die Wünsche seitens des SK Sturm befeuert, die Merkur Arena für sich alleine zu haben. Die Zwei-Stadion-Debatte war eröffnet. Die Vorgängerregierung hatte dem Ansinnen schnell eine Absage erteilt. „Das ist dem Steuerzahler nicht zumutbar“, hat der frühere Finanzstadtrat Günter Riegler festgehalten.

Nach der Wahl haben sich KPÖ, Grüne und SPÖ in ihrem Koalitionsabkommen darauf verständigt, sich der Sache noch einmal anzunehmen. Die Ankündigung des Sturm-Präsidenten Christian Jauk, das Baurecht für die Merkur Arena um einen zweistelligen Millionenbetrag erwerben zu wollen, hat eine Chance eröffnet: Diese Summe hätte die Stadt Graz in die Hand nehmen können, um für den GAK die Sportanlage in Weinzödl bundesligatauglich zu machen. Im August des Vorjahres hat dann aber eine Machbarkeitsstudie ergeben, dass das nicht möglich ist, weil dadurch die Trinkwasserversorgung der Stadt gefährdet würde.

Um zu schauen, ob es realistische Alternativen zum Standort Weinzödl gibt, wurde der Stadionausschuss ins Leben gerufen. In der Öffentlichkeit gab es Spekulationen und Sensationsstorys, aber auch Parteienhickhack. Über angebliche Pläne für das ASKÖ-Stadion wurde ebenso berichtet wie über Supermarkt-Dächer.

Die umfassende Suche des Ausschusses hat dann ergeben, dass von anfänglich 16 Grundstücksoptionen eigentlich nur ein einziges Areal im Stadtgebiet – eine 50.000 m² große Fläche in Puntigam – infrage kommt.
Eine Zwischenbemerkung sei aber noch gemacht, weil immer wieder von „Zeitschinden“, „vergeudeter Zeit“, „Hinhaltetaktik“ und ähnlichem die Rede ist: Seit die neue Stadtregierung die Arbeit aufgenommen hat, ist für den Grazer Profifußball einiges passiert.

  • Zuletzt hat der Gemeinderat eine Zuzahlung zum Trainingszentrum für die Jugend- und die Frauenabteilung des SK Sturm um 3,2 Millionen Euro beschlossen.
  • Das Sicherheitspaket, das nach dem letzten Derby mit Vereinen, der Polizei und den Behörden erarbeitet worden ist, umfasst 2,2 Millionen Euro. Die für den Spielbetrieb wichtigsten Maßnahmen werden bis August umgesetzt.
  • Der GAK hat für die Ausweitung des Trainingszentrums beim Dennig in Weinzödl zweimal 250.000 erhalten.
  • Für das Sporttagungszentrum und Skyboxen in Liebenau würden rund 10 Millionen Euro bereitstehen.
  • Dazu kommt das laufende Sponsoring durch Tochtergesellschaften der Stadt, das in diesem Jahr die Million schon überschritten hat.
     

Wie geht es jetzt weiter?

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„Die aktuelle Stadtregierung hat von ihren Vorgängern aber nicht nur ein in die Jahre gekommenes Stadion geerbt, sondern auch einen Schuldenberg“, betont KPÖ-Gemeinderätin Daniela Katzensteiner.

Geplant ist, im Juli-Gemeinderat einen Beschluss zu fassen, der zwei Machbarkeitsstudien in Auftrag gibt. In der einen soll untersucht werden, welche Möglichkeiten es am Standort der Merkur Arena gibt. Die andere soll klären, ob die Errichtung eines Stadions auf dem Areal in Puntigam möglich ist – es könnte sich ja auch zeigen, dass das (siehe Weinzödl) gar nicht so ohne weiteres geht. Dabei soll sowohl ein Neubau mit der Kapazität von 25.000 Plätzen für beide Vereine, als auch einer kleineren für einen Verein geprüft werden.

In der Zwischenzeit werden selbstverständlich die nötigen Investitionen in die Sicherheitsmaßnahmen der Merkur Arena wie vereinbart getätigt.

Geprüft wird die rechtliche und bauliche Machbarkeit. Die finanzielle Machbarkeit ist eine andere Sache. Wie zu Beginn schon erwähnt, hat Graz zum Neubau des Liebenauer Stadions Ende der 90er 20 Prozent oder 5,2 Millionen Euro zuschießen können. Inflationsbereinigt wären das heute etwa 10 Millionen Euro.

Schaut man sich die Stadionneubauten der letzten Jahre an, sieht man, dass die Kosten zwischen 3.000 und 6.000 Euro pro Sitzplatz ausmachen. Eine 25.000er-Variante ist also unter 75 Millionen Euro nicht zu machen. Selbst die kleinere Variante nicht unter 45 Millionen. Bei beiden sind die Kosten für den Ankauf des Grundstücks natürlich nicht mitgerechnet – es handelt sich ausschließlich um Baukosten.

Klar ist: Als Stadt bekennen wir uns zum Profifußball und sind bereit, uns zu beteiligen. Klar ist aber auch, dass die finanziellen Möglichkeiten der Stadt begrenzt sind. Die Wiener Austria hat den 48 Millionen Euro teuren Neubau des Horr-Stadions selbst gestemmt. Der SK Rapid Wien hat die Hälfte der Kosten, etwa 27 Millionen, selbst gestemmt, die andere Hälfte hat das Land Wien zugeschossen. Weil Wien eben nicht nur Stadt, sondern auch Bundesland ist, hat es ja auch ganz andere finanzielle Möglichkeiten. Auch beim LASK war es das Land Oberösterreich, das 30 Millionen zum Neubau der Gugl beigesteuert hat. Den weitaus größeren Anteil von mindestens 70 Millionen hat der LASK selbst getragen.

„Die aktuelle Stadtregierung hat von ihren Vorgängern aber nicht nur ein in die Jahre gekommenes Stadion geerbt, sondern auch einen Schuldenberg“. Und auch wenn es gelungen ist, die Nettofinanzschuld im letzten Jahr unter die des Jahres 2021, als Manfred Eber das Finanzressort übernommen hat, zu bringen, wirkt sich die österreich- und europaweite wirtschaftliche Entwicklung natürlich auch negativ auf die Stadt aus. Darüber werden wir ja auch später beim Tagesordnungspunkt 16, dem finanziellen Strategiebericht, diskutieren.

Auch wenn das eh allen Beteiligten klar sein sollte, will ich eines noch einmal betont haben: Die finanzielle Hauptverantwortung für ein derartiges Großprojekt kann nicht der Stadt zukommen. Im Rahmen des finanziell Möglichen wird die Koalition aber natürlich versuchen, einen Beitrag zu leisten.

Stadion Liebenau: Sicherheitsfragen im Mittelpunkt

12-04-24 Ob es in der Mer­kur-Are­na künf­tig je­weils ei­ge­ne Fan­sek­to­ren für Sturm und GAK ge­ben soll, ist nicht nicht zu­vor­derst ei­ne Fra­ge des Gel­des, son­dern vor al­lem ei­ne der Si­cher­heit, be­tont Stadt­rat Man­f­red Eber (KPÖ). Nach den ge­walt­tä­ti­gen Vor­fäl­len beim letz­ten…

Veröffentlicht: 14. Juni 2024