„Wir wollen den Menschen Halt und Hoffnung geben“
Elke Kahrs Rede auf der Grazer Mai-Demonstration
Elke Kahr:
Wir wollen den Menschen Halt und Hoffnung geben!
Rede zum Abschluss der KPÖ-Maidemonstration in Graz am 1. Mai 2016
Seit 1890 haben die arbeitenden Menschen in aller Welt am 1. Mai ihren Kampf- und Feiertag begangen. Sie haben das in guten und schlechten Zeiten getan. Sie haben das in Krieg und Frieden getan. Sie haben es offen auf den Straßen und Plätzen dieser Welt getan und sie haben auch in tiefer Illegalität, und wenn nur wenige beisammen waren, den 1. Mai gefeiert.
Dieser Tag ist nämlich das Symbol unseres Kampfes für Arbeit und Frieden für alle Völker auf dieser Welt. Wir wollen, dass Solidarität, soziale Gerechtigkeit, Arbeit und Frieden für alle zur Wirklichkeit wird.
Wenn man anfängt, die vielen Krisen aufzuzählen, die es hier und heute gibt, wenn man versuchen wollte, alle Widersprüche in Österreich und der Welt zu benennen, dann würde meine heutige Rede sehr lange werden. Es ist aber auch nicht notwendig denn:
Wir wissen, dass die Ursachen die den Menschen bei uns und weltweit immer mehr Angst machen, dort zu suchen sind, wo die meisten Medien, Politiker und bürgerlichen Wissenschafter einen blinden Fleck haben. Sie wollen nämlich nicht darüber reden, dass es der entfesselte Kapitalismus ist, der den Menschen bei uns das Geld aus der Tasche zieht, der Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung hervorruft. Und der letztendlich auch die Ursache für Krieg und Hunger und damit auch für die riesigen Migrationsbewegungen ist, die wir jetzt bei uns spüren.
Wenn niemand andere Länder zerbombt, verlieren Menschen nicht ihre Heimat.
Im Kampf um Absatzmärkte und Ressourcen verteidigen die Mächtigen in den imperialistischen Staaten gemeinsam mit der Rüstungsindustrie ihre Milliardenprofite. Eine friedliche Welt, und ein respektvoller Umgang mit allen Völkern, steht diametral zu ihren Interessen. Menschliches Leid zählt dabei nicht. Das Leben von über 1,3 Millionen Zivilisten ist in den letzten 15 Jahren in Kriegen, die vom Westen geführt worden sind, ausgelöscht worden. Hinzu kommen Millionen Verletzte und Vertriebene.
Die Verursacher sitzen in den Chefetagen der großen Konzerne . Sie müssen Zeit ihres Lebens mit keinem der seine Heimat verloren hat Tür an Tür wohnen, sie müssen sich keine Sorgen um das tägliche Leben machen. Wenn sie gefeuert werden, bekommen sie Abfertigungen in Millionenhöhe.
Wenn viele Leute endlich erkennen würden, dass ihre wirklichen Gegner ganz weit oben in der Gesellschaft zu suchen sind und die KollegInnen in der Arbeit und die nach Arbeit Suchenden niemals ihre Gegner sind, dann wäre der Kaiser Kapital nackt. Er hätte die Überlegenheit über das Bewusstsein der Bevölkerung verloren – und man könnte die Sehnsucht der Menschen nach sozialer Gerechtigkeit nicht mit dem billigen Ersatzstoff abspeisen, den die FPÖ jetzt unserer Bevölkerung anbietet.
Mit der FP lässt sich kein einziges Ziel der arbeitenden Menschen erreichen
Das Ergebnis der Wahl vom 24. April hat vielen Menschen zu denken gegeben. Und es ist ja so: Nur wenn man nachdenkt, kann man die Entwicklung auch verstehen, die sich auf der politischen Ebene in Österreich vollzieht. Sie ist nämlich ausschließlich die Folge von ganz schwerwiegenden sozialen Verwerfungen. Deshalb ist auch nichts gewonnen, wenn der FP-Kandidat die entscheidende Runde bei der Präsidentschaftswahl verlieren sollte. Ohne die sozialen Ursachen für die Angst der Menschen vor Arbeitslosigkeit und Sozialabbau zu beseitigen, wird man auch den Grund für die Wahlerfolge solcher Bewegungen nicht aus der Welt schaffen können. Fast ein Viertel aller EU-BürgerInnen lebt in Armut, während sich die Zahl der europäischen Milliardäre seit Beginn der Krise verdoppelt hat. Und das setzt sich ja auch in unserem Land fort.
Wen man den Leuten genau zuhört, so greift das Gefühl immer mehr um sich, egal wen man wählt, am Ende kommt immer die gleiche neoliberale Politik heraus.
Die Hoffnung vieler Menschen, dass durch die EU Frieden, Wohlstand und soziale Sicherheit garantiert würden, die ist weg. Sie löst nicht die Probleme, sondern sie ist mittlerweile das Problem für die Völker in Europa geworden.
Die steirische KPÖ war gegen den Beitritt Österreichs zur EU und wir sagen immer wieder: Diese EU kommt uns zu teuer. Nur wenn man in dieser Frage eine klare Haltung hat, kann man der Demagogie solcher Leute wie Hofer glaubwürdig entgegentreten. Die FPÖ war nämlich schon an der Regierung und sie hat damals alle unsozialen Vorgaben der EU freudig mitgetragen.
Das sollte man niemals vergessen. Mit der FP und ihrem Kandidaten lässt sich kein einziges Ziel erreichen, das den arbeitenden Menschen dient.
Maßnahmen, die unsere Bevölkerung braucht
In den letzten Tagen war sehr viel von Umfragen die Rede. Aber: 15.200 Grazerinnen und Grazer waren in den letzten 4 Jahren mit Anliegen bei uns im Rathaus.
Die persönlichen Schilderungen dieser GrazerInnen geben einen tiefen Einblick in ihre persönlichen Verhältnisse, Sorgen und Nöte.
Keine von politischen Parteien in Auftrag gegebene Meinungsumfrage kann einen besseren Befund über die soziale Lage der Bevölkerung abgeben, als diese täglichen Schilderungen.
Und genau daraus, leiten wir zu einem großen Teil unser politisches Handeln und unsere Forderungen ab:
* Eine Arbeit, von der man gut leben kann und die den Fähigkeiten entspricht,
* eine leistbare Wohnung mit guter Infrastruktur für jung und alt,
* Bildungseinrichtungen, die gratis sind und die Kinder nicht schon nach dem Volksschulalter wieder trennen,
* ein Gesundheitssystem, das alle unabhängig vom sozialen Status zugute kommt,
* ein leistbarer, gut ausgebauter öffentlicher Verkehr, der die Mobilität aller sichert und unsere Umwelt schützt.
Das sind Maßnahmen die unsere Bevölkerung braucht und für die wir uns weiter einsetzen werden.
Am schlimmsten und unerträglichsten ist jedoch zu sehen, dass trotz Arbeit das Einkommen nicht zum Leben reicht. Viele kennen gar nichts anderes mehr als Leiharbeit, Teilzeit- und prekäre Beschäftigungen. Vollzeit zu arbeiten und trotzdem einen Gehalt zu haben, der gerade mal die Fixkosten abdeckt sind Tatsachen. Beschäftigte gehen krank in die Arbeit, viele waren schon seit Jahren nicht mehr auf Urlaub mit ihren Kindern, und den selbständigen und kleinen Betrieben geht es nicht besser.
Hinzu kommen 60.0000 Arbeitslose allein in der Steiermark. Hier eine Veränderung zu erreichen geht nur, wenn man mit der bisherigen Politik bricht. Es braucht eine Neuorganisation der Arbeitswelt, bei der die Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht die Profite.
Deshalb brauchen wir eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden und einen gesetzlichen Mindestlohn von 1700,- Euro.
Um das Leben der Mehrheit der Bevölkerung zu verbessern wird man nicht umhin kommen, die Finanzmafia zu entmachten. Das muss uns bewusst sein.
Ohne Vermögens- und Einkommensbezogene Steuern bei den Reichen und ohne Wertschöpfungsabgabe wird es nicht gehen.
Wohnen darf nicht arm machen
Und wir wissen auch, dass Veränderungen und Verbesserungen nur gemeinsam mit Betroffenen und mit der Bevölkerung erreicht werden können. Deshalb stehen unsere Forderungen nicht nur auf dem Papier. Wir treten für sie aktiv ein.Viele Anliegen konnten so erreicht werden: Zuletzt die Abschaffung des Pflegeregresses, ein Gebühren- und Tarifstopp in Graz, oder Wohnen auf Kasernengrund. Jetzt zeigt sich das bei unserer Aktion“Weg mit der Maklerprovision für Mieterinnen und Mieter!“ Über 5000 Menschen haben dieses Anliegen bereits unterstützt. Dafür auch ein ganz großes Danke. Wir werden aber noch weitermachen. Und das ist auch notwendig.
Die Regierungsparteien haben vor der Nationalratswahl 2013 nämlich versprochen, dass sie sich für leistbares Wohnen einsetzen werden. Und was ist seither geschehen? Ist das Wohnen günstiger geworden? Hat es Verbesserungen gegeben? Nein!
Derzeit diskutiert man über eine Mietrechtsreform in der Bundesregierung, unter anderem auch um längst überfällige Mietzinsobergrenzen. Aber man ist schon wieder auf Rückzug. Und es ist zu befürchten, dass sich die Hausherrenparteien erneut durchsetzen. Dazu gehört auch die FP. So heuchlerisch muss man erst einmal sein. Auf der einen Seite will man für die „kleinen Leute“ da sein aber jede Verbesserung, die ihnen nützt, wird von der FP vehement abgelehnt.
Wohnen macht arm! Dieser Satz stimmt heute mehr als zuvor. Deshalb werden wir in dieser Frage niemals müde werden und weiter dafür kämpfen, dass es zu:
* klaren Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen kommt.
* dass es eine Offensive für den sozialen Wohnbau gibt
* Dass die Zweckbindung der Wohnbauförderbeiträge wieder eingeführt wird, damit das Geld für bezahlbaren Wohnraum vorhanden ist.
* Dass die Maklerprovision gedeckelt wird und der Vermieter sie zahlt.
* Das die Befristung der Mietverträge abgeschafft wird.
* Und dass eine Grund- und Bodenpolitik betrieben wird die das Gemeinwohl im Auge hat und nicht das Wohl der Spekulanten.
KPÖ: Stabil, glaubwürdig, berechenbar
In der Grazer Stadtpolitik erleben wir jetzt ereignisreiche Tage. Ich möchte das heute nicht kommentieren. Eines stellt sich dabei aber klar heraus: Im Rathaus ist die KPÖ eine stabile, glaubwürdige und berechenbare Kraft. Bei uns gibt es keine Skandale, uns geht es nicht um Posten und wir heben uns durch politische Funktionen nicht von der Mehrheit der Bevölkerung ab. Geben statt nehmen, Helfen statt reden wird von unseren MandatarInnen auch persönlich gelebt.
Das wird auch in Zukunft so bleiben. Die KPÖ war immer eine konstruktive Kraft. Wir sagen aber auch ganz deutlich. Wir werden uns nicht beugen wenn es um die Abschaffung von Errungenschaften der arbeitenden Bevölkerung geht, wir beugen uns keinen Verschlechterungen im Sozial, Gesundheits- und Bildungsbereich, und wir werden keinen neuen Belastungen und Privatisierungen zustimmen.
Das ist gerade in diesen schweren Zeiten wichtig. Und man kann sich dabei auf die KPÖ verlassen.
Und deshalb sagen wir all jenen, die mit der Entwicklung der Sozialdemokratie oder der Gewerkschaft unzufrieden sind und nach Alternativen zum Kurs der Parteispitze suchen:
Wenn ihr ernst macht und einen Weg in Richtung sozialen Fortschritt gehen wollt, wenn ihr nicht mehr mittragen könnt, was sich dort abspielt, dann könnt ihr bei der KPÖ auf Unterstützung und solidarische Zusammenarbeit bauen.
Wir grenzen uns von niemandem ab, der es damit ernst meint. Und wir wollen niemanden für uns vereinnahmen. Gleichzeitig sagen wir, dass es auf dem Weg zu einer wirksamen politischen Alternative auch keine Abkürzung gibt. Wir haben ein Ziel vor Augen. Es heißt soziale Gerechtigkeit und Solidarität, es heißt Arbeit, Frieden und Neutralität.
Wir wollen den Menschen in Graz und in der Steiermark Halt und Hoffnung geben. Hass und Hetze dürfen nicht die Oberhand behalten. Es muss für die Menschen bei uns und weltweit wieder ein Leben ohne Angst und Unsicherheit geben.
Es lebe der 1.Mai! Hoch die internationale Solidarität!
Veröffentlicht: 3. Mai 2016