Wie weiter nach der Wahl?
KPÖ für Sondergemeinderatssitzung zum Murkraftwerk
Graz hat gewählt und Bürgermeister Siegfried Nagl sich einer einzigen Koalitionsvariante, nämlich der mit der FPÖ, ausgeliefert. In einer Pressekonferenz stellten Bürgermeister-Stellvertreterin Elke Kahr und Klubobmann Manfred Eber Überlegungen und politische Eckpunkte vor.
Seit 1998 trägt die KPÖ in Graz Regierungsverantwortung. Dabei war sie nicht nur für das städtische Wohnungswesen, sondern u.a. auch für das Umweltamt, das Veterinärwesen, die Wirtschaftsbetriebe oder die Stadtteilarbeit verantwortlich. Aus der Wahl am 5. Februar ist sie mit einem Plus von 3.000 Stimmen und einem zweiten Sitz in der Stadtregierung hervorgegangen.
„Arbeit geht normal weiter“
„Wir haben immer versucht, jedes Ressort mit Umsicht und Bürgernähe zu führen. Das werden wir auch künftig tun – unabhängig davon, für welche Bereiche wir die Verantwortung tragen werden“, sagte Kahr. In ihrem Büro geht die Arbeit derweil weiter wie bisher. Über 200 Menschen sind mit ihren Anliegen seit dem 6. Februar zur KPÖ-Politikerin gekommen.
„Ausgrenzung geht in die nächste Runde“
Nach der Wahl hat Kahr betont, dass sie zu einer Zusammenarbeit mit Bürgermeister Nagl bereit wäre. „Das Doppelbudget 2015/16 hat gezeigt, dass man gemeinsam viel für die Bevölkerung erreichen kann“, so Kahr. Nachsatz: „Bei weitem mehr als mit der FPÖ.“ So hätte sich Kahr auch vorstellen können, Nagl zum Bürgermeister zu wählen.
Jetzt scheint Nagl aber zu seiner alten Haltung zurückzukehren. „Die Ausgrenzung der KPÖ geht in die nächste Runde“, sagt Kahr.
„FLÄWI noch nicht beschlussfähig“
„Politisch spannend wird die nächste Periode auf jeden Fall“, heißt es von KPÖ-Klubobmann Manfred Eber. In der aktuellen Form noch nicht beschlussfähig ist in jeden Fall der Flächenwidmungsplan. Man werde diesbezüglich schon bald Gespräche mit SPÖ und Grünen führen. „Vor allem in Fragen der Verdichtungen und des Grünraums gibt es noch viel, das verbessert werden muss.“
Sondergemeinderat zum Murkraftwerk
Dass just am Tag nach der Wahl die Schlägerungen von tausenden Bäumen an der Mur begonnen haben, hat den Unmut in der Bevölkerung verstärkt. „Viele Leute, die dem Projekt bis jetzt eher gleichgültig gegenüber gestanden sind, stellen mit Entsetzen fest, welche Tragweite das hat“, so Eber. Die KPÖ hält an einer Volksbefragung über die Staustufe fest. „Eine – ökonomisch und ökologisch – so weitreichende Entscheidung darf nicht über die Köpfe jener Menschen hinweg entschieden werden, die mit den Folgen leben – und sie bezahlen – werden müssen“, so Eber.
Gemeinsam mit Grünen und der Piratenpartei beantragt die KPÖ nun die Einberufung eines Sondergemeinderates. Die dafür erforderlichen zwölf Unterschriften werden am Montag eingereicht. Innerhalb einer Woche muss die Sitzung dann stattfinden.
„Demokratie leben“
Wichtig ist für die KPÖ, dass es im Gemeinderat breite Kontrollmöglichkeiten gibt. So müssen alle Parteien mit Fraktionsstärke in den Aufsichtsräten der städtischen Beteiligungen vertreten sein. Auch die gemeinderätlichen Ausschüsse sollten 9 statt 7 Mitglieder haben. „Sonst wäre die SPÖ in vielen nicht mehr mit Sitz und Stimme vertreten“, so Eber. Demokratie müsse „im Gemeinderat gelebt werden“.
Der Vorsitz des Kontrollausschusses soll – analog zur steiermärkischen Gemeindeordnung – an die kleinste Partei im Gemeinderat fallen; im Grazer Fall also den NEOS.
Wohunungsressort soll bei der KPÖ bleiben
„Natürlich steht es Nagl zu, eine Koalition mit der FPÖ zu bilden“, so Eber. Die KPÖ aber für ihren Wahlerfolg zu bestrafen, sei kein guter Stil. Die KPÖ steht in jedem Fall dazu, das Wohnungsressort weiterführen zu wollen. Eine Online-Petition, die verlangt, dass Elke Kahr Wohnungsstadträtin bleibt, wurde innerhalb von nur zwei Wochen von fast 4.500 Menschen unterzeichnet, mehr als 3.000 davon Grazerinnen und Grazer. Sie hatte die von den Freiheitlichen seit Monaten betriebene „Fremd im eigenen Haus“-Petition binnen 12 Stunden überholt. Die haben seit Oktober nicht einmal 700 Unterstützer.
Veröffentlicht: 22. Februar 2017