„Weil es am 1. Mai ums Ganze geht“
Rede von Robert Krotzer auf der Maikundgebung der KPÖ Steiermark
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Grazerinnen und Grazer!
„Wir sind die stärkste der Partein“, werden wir am Ende unserer Kundgebung als dritte Strophe der Internationalen singen. Als Partei wurde die KPÖ bei den Grazer Gemeinderatswahlen am 5. Februar von der Bevölkerung erneut zur zweitstärksten gewählt. Die Passage der „Internationalen“ aber bezieht sich nicht auf eine politische Partei, sondern auf die arbeitenden Menschen, die den größten Teil und die Mehrheit unserer Bevölkerung darstellt. Und eben den Feiertag der ArbeiterInnenklasse begehen wir heute am 1. Mai – so wie er seit über einhundert Jahren begangen wird, und wie er auch heute von Millionen Menschen rund um den Globus gefeiert wird – von Havanna bis Tokyo, von London bis Johannesburg.
Die arbeitenden Menschen stellen die Mehrheit unserer Bevölkerung dar, sie sind es, ohne die nichts gehen würde: Ohne die kein Bus fahren würde, ohne die kein Tisch und kein Fahrrad hergestellt werden würde, ohne die die Supermärkte leer wären und ohne die sich der Müll auf unseren Straßen türmen würde. Ohne die ArbeiterInnenklasse gäbe es weder neue Wohnungen noch Strom, mit dem sie erhellt werden. Kein Rad würde sich in den Fabriken drehen und niemand würde sich um kranke oder alte Menschen kümmern, niemand würde Kinder betreuen oder Jugendlichen die Welt näher bringen. Wir würden keine Post bekommen und könnten weder ins Kaffeehaus noch im Gasthaus essen gehen, und auch die Verwaltung wäre längst zusammengebrochen wäre. Ohne die arbeitenden Menschen würde also die Welt binnen weniger Sekunden still stehen. Nicht umsonst heißt es in einem weiteren Lied der ArbeiterInnenbewegung:
„Mann der Arbeit; aufgewacht und erkenne deine Macht,
alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!“
Und an eine zweite Wahrheit darf ich an diesem 1. Mai erinnern: Es sind ausschließlich die arbeitenden Menschen, die mit ihrer Arbeitskraft den gesellschaftlichen Reichtum herstellen – der im Kapitalismus allerdings privat eingestreift wird. Wenn die Herren Stronach, Mateschitz und wie sie alle heißen uns also erzählen, sie sind durch Arbeit reich geworden, so stimmt das schon. Reich geworden sind sie aber nicht durch ihre eigene Arbeit, sondern durch die Arbeit der ProduktionsmitarbeiterInnen, der VerkäuferInnen, der LKW-Fahrer, der Sekretärinnen und so fort. Die vielen vermeintlich „kleinen Leute“ sind die wahren Produzentinnen und Produzenten des Reichtums, der von den großen Herrschaften schließlich eingeheimst wird. So ist in aller Kürze das ganze Rätsel der kapitalistischen Produktionsweise erklärt.
Die arbeitenden Menschen machen die große Mehrheit der Bevölkerung aus – in Österreich, wie auch rund um den Globus, wo vielerorts Männer, Frauen und auch Kinder gezwungen sind, für das nackte Überleben ihre Arbeitskraft zu verkaufen – unter unmenschlichsten Bedingungen in den Schürfmienen Afrikas, den verlängerten Werkbänken in den Sweat-Shops Asiens oder auf den Plantagen Lateinamerikas.
„Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet“, mit diesen drastischen Worten bringt Jean Ziegler das kapitalistische Unrecht auf den Punkt. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 37.000 Menschen verhungern jeden Tag und fast eine Milliarde Menschen sind permanent schwerstens unterernährt. Dabei könnt die weltweite Landwirtschaft problemlos das Doppelte der heutigen Weltbevölkerung ernähren. Stattdessen aber werden Nahrungsmittel verbrannt, auf den Müll geworfen oder ins Meer geschüttet – es könnte ja der Marktpreis fallen und damit der Profit geschmälert werden. Da lässt man lieber hungern und verhungern – alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren.
Nichts zeigt deutlicher, dass der Kapitalismus ein verbrecherisches System ist, ein System, das zerstört, ausbeutet, unterdrückt, kaputt macht, tötet. Und genau deswegen gibt es auch und gerade heute uns Kommunistinnen und Kommunisten – ganz egal wie oft man uns tot sagt oder der Kapitalismus zum Ende der Geschichte erklärt wird. Wenn man mit offenen Augen dieses Land und diese Welt betrachtet, dann erübrigt sich die Frage, warum wir KommunistInnen sind. Es drängt sich geradezu der Umkehrschluss auf: Wie kann man in diesen Zeiten stumm bleiben, wie kann man passiv bleiben, wie kann man den Kopf in den Sand stecken? Mehr als je zuvor gilt heute der Spruch von Bertolt Brecht: „Dass du untergehst, wenn du dich nicht wehrst, das wirst du doch einsehen.”
„Es herrscht Klassenkrieg“, dieser Ausspruch stammt nicht etwa von einer Kommunistin. Dieser Satz stammt von Warren Buffet, einem der reichsten Männer der Welt. Und er hat hinzugefügt: „Es ist meine Klasse, die reiche Klasse, die dabei ist zu gewinnen.“ Noch selten zuvor ist klarer und offener sichtbar gewesen, dass das Kapital diktiert und der Mensch verliert.
Rund eine Million Menschen in Österreich leben in Armut oder sind ständig gefährdet, in Armut abzurutschen. Essen gehen oder gar ein Urlaub wird so zum unbezahlbaren Luxus, vielmehr reicht das Geld nicht einmal für kleinere Reparaturen, neue Kleidung oder Heizmaterial: Über 300.000 Menschen können im zwölftreichsten Land der Welt ihre Wohnung nicht warm halten. Ein Viertel der einen Million Armutsgefährdeten sind Kinder und Jugendliche, ihnen wird also von Beginn ihres Lebens an die Chance auf eine glückliche Zukunft wenn nicht verwehrt, so doch massiv erschwert.
Aber auch für die Menschen, die nicht unmittelbar von Armut betroffen sind, wird das Leben oftmals schwerer. Wir erleben, dass die Bedingungen in den Betrieben, Büros, Schulen und Universitäten ständig härter werden, das Einkommen reicht immer seltener zum Auskommen und in der immer weniger werdenden Freizeit hat man ohne volle Geldtasche auch immer weniger Möglichkeiten.
Über all das, die Lebensbedingungen und Arbeitsverhältnisse der Mehrheit der Bevölkerung hierzulande hören wir erstaunlich wenig. Die Tratschgeschichten der High Society werden uns ebenso frei Haus geliefert wie der menschenverachtende Stumpfsinn gerade des Privatfernsehens mit dem Menschen aus der sogenannten „Unterschicht“ vorgeführt werden sollen - und pausenlos hämmert man uns die Dogmen des Neoliberalismus in die Köpfe. Damit sollen wir still gehalten werden. Und abgelenkt werden von niedrigen Löhne, steigendem Arbeitsdruck, der hohen Arbeitslosigkeit, sinkenden Sozialleistungen, höheren Mieten, dem Anstieg von Armut und vor allem fehlende Zukunftsperspektiven.
Und nicht zuletzt sollen wir mit Scheindebatten abgelenkt werden von dem Druck auf die Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf 12 Stunden und der Wochenarbeitszeit auf 60 Stunden. Was uns ÖVP, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und auch die SPÖ als „Flexibilisierung“ der Arbeitszeit verkaufen wollen, ist nichts anderes als ein groß organisierter Lohnraub. Bezahlte Überstunden werden so nämlich der Vergangenheit angehören. Der 12-Stunden-Tag ist ein Programm, das die Beschäftigten noch weiter der Willkür vieler Unternehmen ausliefert, das gerade Frauen aufgrund fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen zurück an Heim und Herd drängt und es wird nicht zuletzt den Verlust tausender Arbeitsplätze zur Folge haben.
Wenn die Entwicklung so weitergeht, drohen die arbeitenden Menschen wieder verarmt und ohne Rechte wie Ende des 19. Jahrhunderts dazustehen. Und wer in diesem gnadenlosen Wettbewerb körperlich oder psychisch nicht mehr mithalten kann, soll aussortiert werden. Denn unter dem neoliberalen Kampfgeschrei „Weniger Staat, mehr privat“ wurden und werden mehr und mehr Bereiche des Lebens bis hin zu Bildung und Gesundheit dem kapitalistischem Profitstreben untergeordnet. Mehr und mehr Menschen werden also von der besten Behandlung oder guter Bildung und Ausbildung ausgeschlossen. Dazu wurde öffentliches Eigentum in Privatisierungsraubzügen verscherbelt und wir erleben einen massiven Umverteilungsprozess von unten nach oben, der den Lebensstandard der breiten Masse erheblich senkt.
Der himmelschreiende Irrsinn an diesen Verhältnissen ist dabei, dass unsere Gesellschaft und unsere Welt so reich ist, wie nie zuvor und technisch so weit entwickelt ist, dass längst ein erfülltes, ein glückliches, ein befreites Leben für alle Menschen möglich wäre, wenn wir erst einmal die Fesseln des Kapitalismus abgestreift haben.
Davon sind wir heute weit, weit weg, darüber brauchen wir uns keine Illusionen machen. Aber wenn wir nicht zulassen wollen, dass unser Leben, unsere Zukunft und unser Glück gänzlich von der Diktatur des Profits bestimmt wird auf Kosten von Menschen, Natur und auch Tieren, brauchen wir den Wiederaufbau einer ArbeiterInnenbewegung.
Wir brauchen den Wiederaufbau einer ArbeiterInnenbewegung, die die alltäglichen sozialen Interessen der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung thematisiert und sie auch gegen die Übermacht der neoliberalen und rechten Parteien, Medien, Lobbys und Denkfabriken der Superreichen vertritt.
Wir brauchen den Wiederaufbau einer neuen Arbeiterbewegung als bodenständige Linke, die gemeinsame Interessen benennt, die Brücken baut, Bewusstsein schafft, Solidarität organisiert, Alternativen aufzeigt. Die ihre Politik von unten nach oben und auf Augenhöhe mit den Menschen entwickelt und aus der Organisation alltäglicher Kämpfe für ein besseres Leben den Bogen spannt zu einer Perspektive, die den Kapitalismus überwindet und für eine sozialistische Zukunft eintritt.
- Eine Arbeiterbewegung, derer Fundament und Kompass der Marxismus ist, die auf der Höhe der Zeit und prinzipienfest ist, aber ohne verengten Geist, mit hellem Kopf und dem Herz am richtigen Fleck.
- Eine ArbeiterInnenbewegung, die Bildung und Wissenschaft, Humanismus und Solidarität hochhält gegen neoliberale Dogmen und Verdummung, gegen Kriegspropaganda und Rassismus, gegen dumpfe Verschwörungstheorien und religiösen Fundamentalismus jeder Art.
- Eine ArbeiterInnenbewegung, die so vielschichtig ist, wie die ArbeiterInnenklasse selbst – weiblich, männlich oder queer, fest angestellt, prekär beschäftigt oder erwerbslos, österreichisch und international, ob jung oder alt.
- Eine ArbeiterInnenbewegung, die Haltung zeigt und Hoffnung gibt.
Die KPÖ Graz und die KPÖ Steiermark verstehen sich als Teil dieser Arbeiterbewegung und haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viele Schritte zu ihrer Wiederbelebung gesetzt. Dabei können wir nicht zaubern, sondern sind vom Einsatz und Engagement aller AktivistInnen, SympathisantInnen und FreundInnen der Partei abhängig – und aller, die noch den Weg zu uns finden werden und die wir mit offenen Armen empfangen, wenn sie mit uns und den Menschen für eine gerechtere Gesellschaft eintreten wollen.
So bescheiden wir bleiben wollen, so können wir doch auf viele Erfolge zurückblicken, nicht zuletzt auf die Gemeinderatswahl am 5. Februar, bei der die Grazerinnen und Grazer die KPÖ abermals zur zweitstärksten Partei gewählt haben – wie bereits im Herbst 2012 und wie übrigens auch in Trofaiach und Eisenerz.
Die Menschen haben die KPÖ gestärkt für ihren unermüdlichen Einsatz für die Mieterinnen und Mieter, für die arbeitenden Menschen, die Studierenden und Jugendlichen und vor allem die sozial Benachteiligten. Für den Kampf gegen die Kürzung der Wohnbeihilfe und gegen das Murkraftwerk, für den Schutz der Altstadt gegen Spekulanten und die Baulobby, für den Einsatz, dass den arbeitenden Menschen mehr in der Geldtasche bleibt, etwa durch die Preishalbierung der Öffi-Jahreskarte oder den Gebührenstopp. Dafür, dass wir sagen: „Wir alle sind Graz!“ und damit klar Position beziehen gegen rassistische Stimmungsmache und Sündenbock-Denken. Die KPÖ wurde gewählt als Partei der arbeitenden Menschen, des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit, des Antifaschismus, des Umweltschutzes und der Gleichberechtigung. Als Partei, die Haltung zeigt, die Alternativen benennt und den Menschen Hoffnung gibt.
Viele Kommentatoren sprechen von Graz daher als einem gallischen Dorf oder von einem Ausnahmefall. Aber der Ausnahmefall liegt eigentlich außerhalb der Steiermark vor, wo die arbeitenden Menschen auf österreichweiter Ebene keine wahrnehmbare Stimme und Vertretung haben. Wo nur die Stimmen der großen Konzerne und Banken zu hören ist, ihrer Lobbyisten und politischen Handlanger, die Stimmen ihrer medialen Einpeitscher und Hofnarren zu vernehmen sind, wo die politische Bühne zu einem Kasperltheater mit angeschlossenem Selbstbedienungsladen verkümmert und wo die extreme Rechte ein leichtes Spiel hat, obwohl sie selbst nicht nur die größten Verfechter des Neoliberalismus ist, sondern auch nachweislich selbst zu den größten Abzockern gehört, wie die Korruptionsfälle der schwarz-blauen Regierung bis heute zeigen.
Dass die arbeitenden Menschen bundesweit keine starke Stimme haben, ist ein mehr als großes Problem. Denn wenn in Österreich über den drohenden 12-Stunden-Tag und die Massenarbeitslosigkeit ähnlich viel und emotional diskutiert werden würde, wie über so viele künstliche Aufreger der hiesigen Innenpolitik, dann würde es anders stehen um die sozialen Rechte. Dann könnten auch die Gewerkschaften nicht länger schlafen, sondern würden wieder zu einer aktiven Interessenvertretung werden, die es so dringend braucht. Und wir könnten endlich die Fragestellung ändern: Es würde nicht länger darum gehen, wie es anderen Menschen schlechter gehen kann, sondern darum, wie es uns allen besser gehen kann!
Solange sich aber daran nichts ändert, reiben sich die Superreichen die Hände, weil über Asylwerberinnen oder Mindestsicherungsbezieher statt über Vermögenssteuern diskutiert wird. Dort ist nämlich das Geld für Soziales, Bildung, Gesundheit, Verkehr und öffentliche Investitionen zu holen! Denn nicht nur weltweit besitzen die 8 (!) reichsten Männer mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, also 3,6 Milliarden Menschen. Auch in Österreich werden die Reichen immer reicher, während von den sage und schreibe 1000 Milliarden Euro an privatem Vermögen in Österreich die untere Hälfte der Bevölkerung gerade einmal kümmerliche 2,2 Prozent besitzt. Das reichste Prozent der Österreicher besitzt 469 Milliarden Euro, was 37 Prozent des Gesamtvermögens entspricht. Darüber und dass diese Vermögen nicht besteuert werden müssen wir reden, anstatt dass ständig auf die Ärmsten hingetreten wird!
Aber kommen wir nochmal auf Graz zu sprechen: Graz ist anders! Dass es in Graz mit der KPÖ eine starke Kraft gibt, die auf der Seite der Bevölkerung steht und umgekehrt viel Zuspruch von den Menschen erfährt, schmeckt den Mächtigen nicht. Gerne würden sie ihre Geschäfte und ihre Politik hinter verschlossenen Türen ausdealen – ohne lästigen Widerspruch. Mit einer starken KPÖ ist das nicht möglich, da mit ihr auch jene Menschen eine starke Stimme haben, die keine Lobby haben! Und eben für ihre stets kritische und ehrliche Haltung wurde die KPÖ trotz – oder gerade wegen – ihrer Zugewinne bei der Wahl nun von Schwarz-Blau bestraft – das jedenfalls glauben die Vertreter der Grazer ÖVP, die zum Zweck des uneingeschränkten Machterhalts eine Koalition mit der stramm rechten FPÖ eingegangen sind.
Die neue schwarz-blaue Stadtregierung glaubt, die KPÖ als sozialen Faktor und gesellschaftliche Alternative eindämmen zu können, indem sie das Wohnressort an die FPÖ übergeben hat. Wir werden auch darauf mit konsequenter Arbeit im Sinne der Bevölkerung für leistbaren öffentlichen Verkehr sowie bestmögliche Gesundheit und Pflege reagieren - und natürlich unser Engagement im Wohnbereich fortsetzen, das nun wichtiger werden wird, denn je zuvor.
Selbstverständlich wird sich auch an der Arbeitshaltung der Grazer KPÖ nichts ändern: Wir machen Politik im Interesse der arbeitenden Bevölkerung und der sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen, greifen Anliegen der Bevölkerung auf, unsere nun zwei Stadtratsbüros stehen weiterhin für die Bürgerinnen und Bürger offen und wir werden weiterhin den Großteil unseres Polit-Gehalts dafür verwenden, Menschen in Notlagen zu unterstützen. Mit dem Posten Vizebürgermeister kann sich nun der Herr Eustacchio von der FPÖ schmücken – aber wir wissen, die Grazer Bevölkerung weiß es und er selbst weiß es auch: Gewählt wurde er dazu nicht von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, sondern aufgrund eines dreisten Machtpokers.
Das Leben ist aber kein Pokerspiel und es spielt sich in dieser Stadt nicht im Rathaus, sondern auf den Straßen, in den Wohnvierteln ab. Und den Preis für die schwarz-blaue Arroganz der Macht hat in Wahrheit nicht die KPÖ zu zahlen, denn im Gegensatz zu den anderen Rathausparteien geht es uns nicht um Posten und Titel. Den Preis für Schwarz-Blau muss die Bevölkerung zahlen, in Form von erhöhten Mieten im Gemeindebau seit 1. April, in Form bereits angekündigter Erhöhungen von kommunalen Gebühren, in Form verschärfter Wohnungsnot, in Form von Kürzungen bei der SozialCard, in Form des Murkraftwerks und des Zentralen Speicherkanals. Und während bei der Bevölkerung gekürzt wird, war eine Kürzung der Parteienförderung für ÖVP und FPÖ in keinster Weise ein Thema.
Es wird an uns liegen, den Menschen dieser Stadt beständig aufzuzeigen, für welche Politik diese Koalition steht, wie sie gegen die Menschen agiert – und dass wir uns dagegen nur gemeinsam, Hand in Hand, zur Wehr setzen können und entschlossen und solidarisch für eine sozialere Politik kämpfen müssen. Eines steht für uns KommunistInnen fest: Egal, womit man uns droht, wie auch immer man uns verunglimpfen mag, welche Bestrafungsaktionen die feinen Herrschaften sich überlegen – wir lassen uns nicht biegen und werden stets die Interessen der arbeitenden Menschen, der Jugend und der armen Bevölkerungsschichten vertreten. Die Reichen haben ihre Lobbys, aber alle anderen brauchen eine starke Stimme – dabei ist auf die KPÖ Verlass! Und dafür brauchen wir jede und jeden für euch, damit die KPÖ und ihre befreundeten Organisationen – der Gewerkschaftliche Linksblock, die Kommunistische Jugend oder der Kommunistische StudentInnenverband – überall für die Menschen greifbar sein können: In den Betrieben, in der Nachbarschaft, in den Wohnvierteln und Bezirken, in Schulen und auf den Universitäten. Überall wo die Menschen leben und arbeiten, wollen wir für sie da sein und mit ihnen für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, leistbares Wohnen, eine gute Bildung und ein gerechtes Gesundheitssystem eintreten. Ein besseres Leben wird uns nämlich nicht geschenkt, sondern ist immer nur dort erreicht worden, wo sich Menschen zusammengeschlossen haben und für ihre Rechte gekämpft haben. Und dabei ist jede und jeder von euch wichtig und unverzichtbar, denn nur gemeinsam sind wir stark!
Und weil es am 1. Mai um’s Ganze geht, wollen wir auch unseren Blick über den österreichischen Tellerrand hinaus wagen. Und dabei müssen wir feststellen, dass die Gefahr überregionaler kriegerischer Konflikte heute so groß ist wie seit langem nicht. Wie vor dem Ersten Weltkrieg tobt auch heute ein Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Nachdem der US-Imperialismus und seine europäischen Verbündeten Afghanistan und den Irak überfallen haben, wurden in der Folge Libyen und Syrien systematisch destabilisiert und zerstört. Besatzung und Kriege erleben wir auch in der Ukraine, in der Türkei bzw. Kurdistan sowie in Palästina. Bekanntlich stirbt in Kriegen als Erstes die Wahrheit und so erklärt man uns tagtäglich, es würde dabei um „Demokratie“ und „Menschenrechte“ und „Zivilisation“ gehen. Man darf sich davon nicht täuschen lassen: Wer im eigenen Land Politik gegen die Bevölkerung macht, tritt in den Kriegsregionen die Menschenrechte nur noch fester mit Füßen. All das geschieht ausschließlich im Interesse des Profits: Es geht um wirtschaftliche Interessen, Macht und geopolitischen Einfluss. Die Verheerungen, mit denen der Imperialismus den Nahen und Mittleren Ostens überzogen hat, haben in den letzten Jahren hunderttausende und Millionen Menschen ihrer Heimat und der Möglichkeit auf ein lebenswertes Dasein beraubt. Sie, ihr Leben und ihr Schicksal sind nicht mehr als die Bauernopfer im Schachspiel der Mächtigen. Doch erst wenn dieses Schachspiel von Kriegen, Rüstung und Waffenexporten beendet ist, können auch die wahren Ursachen der Flüchtlingskrise beseitigt werden.
Mit der Wahl von Donald Trump ist die Welt nicht sicherer geworden, wie der Abwurf der größten nicht-nuklearen Bombe in Afghanistan oder das Säbelrasseln um die koreanische Halbinsel zeigt. Aber auch die Europäische Union ist nicht das Friedensprojekt und Unschuldslamm, als das sie sich gerne darstellt.
Ihre Mitgliedsstaaten waren über all die Jahrzehnte in imperialistische Kriege verwickelt, die Blutspur zieht sich von Vietnam und Algerien über Jugoslawien bis nach Afghanistan, den Irak, Libyen, die Elfenbeinküste und Syrien. Die EU ist zugleich Weltmarktführerin im Export von Kriegswaffen. Der Vertrag von Lissabon schrieb neben der Verpflichtung zur schrittweisen Verbesserung der militärischen Kapazitäten auch eine militärische Beistandspflicht fest – was mit der österreichischen Neutralität nicht vereinbar ist. Und in der Ukrainekrise haben die EU-Staaten Öl ins Feuer gegossen und noch nicht einmal vor der Unterstützung faschistischer Kräfte zurückgeschreckt.
Immer deutlicher also tritt nach innen und außen der Charakter der EU als Herrschaftsinstrument der Banken, Konzerne und Generäle hervor. Die EU ist alles andere als ein Garant für sozialen Wohlstand, Frieden oder Demokratie, sondern im Gegenteil Brandbeschleuniger für Sozial- und Demokratieabbau im Interesse des Großkapitals. Man muss die Augen schon fest verschlossen haben, um das nicht zu sehen:
Die EU bedeutet Militarismus und neokoloniale Einmischungen, unmenschliche Flüchtlingspolitik, »Freihandel« à la TTIP und CETA, soziale Kürzungen und Privatisierungszwang. Und bei fast jedem Missstand, unter dem unsere Gesellschaft heute leidet, ist die EU nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Geht es nach den bürgerlichen, liberalen oder auch grünen Ideologen, darf man das noch nicht einmal aussprechen – wir aber behalten uns die Freiheit unserer Kritik oder um es mit Rosa Luxemburg zu sagen: „Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat!“
Wer ein soziales, demokratisches, ökologisches, friedliches und solidarisches Europa möglich machen will, braucht souveräne Staaten, die einen sozialen, demokratischen, ökologischen, friedlichen und solidarischen Entwicklungsweg einschlagen –und auf dieser Basis ein Projekt internationaler Zusammenarbeit auf Augenhöhe aufbauen.
Damit komme ich zum Schluss. Uns alle eint ein Anliegen: Unsere Hoffnung liegt im Aufbau von Widerstandsstrukturen in Österreich, Europa und weltweit. Für uns gibt es keine Alternative zur aktiven, unermüdlichen, solidarischen, demokratischen Organisation der revolutionären Gegenmacht. Dabei stehen wir nicht alleine, sondern mit uns Millionen Menschen weltweit. Und wir stehen in einer langen Tradition, zu der nicht zuletzt die sozialistische Oktoberrevolution zählt, deren einhundertsten Jahrestag wir heuer begehen. Unser Ziel ist und bleibt es, mit Karl Marx gesprochen, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.”
Ich darf euch abschließend noch zum Maifest ins Volkshaus einladen und wir würden uns freuen, euch dort zum gemeinsamen Essen, Trinken, Feiern, Tanzen und Singen begrüßen zu dürfen.
Hoch der 1. Mai!
Hoch die internationale Solidarität!
Veröffentlicht: 1. Mai 2017