Verbot von Vollspaltenböden – ein erster wichtiger Schritt, aber nicht genug
Über 60 Prozent der Schweine in Österreich werden auf Vollspaltenböden gehalten, sprich sie verbringen ihr ohnehin kurzes Leben auf harten, von Spalten durchsetzten Böden, ohne Stroh. Nicht nur, dass die Tiere in dieser Umgebung ihren Bedürfnissen nicht nachgehen können, fördert diese Haltung Stress und führt zu aggressivem Verhalten der Schweine untereinander, so dass Schwänze kupiert werden müssen, da sie sich sonst gegenseitig die Schwänze abbeißen würden. Ebenso leiden Schweine aus der Vollspaltenboden-Haltung an diversen Krankheiten, wie Entzündungen von Lunge und Gelenken und jedes siebte Schwein stirbt letztlich an dieser Haltungsform und landet im Müll. Aus diesem Grund hatte ich geplant, in der Gemeinderatssitzung vom 7. Juli einen dringlichen Antrag zum Verbot der Vollspaltenböden in der Schweinehaltung als Petition an die Bundesregierung einzubringen. Am Freitag vor der Sitzung, ich hatte den Antrag gerade fertig, kam die Meldung, dass nun tatsächlich unter einer ÖVP-Regierung ein Ausstiegsszenario aus dieser Tierquälerei vereinbart wurde. Eine sehr erfreuliche Wendung, mit der man nicht gerechnet hätte und an der verschiedenste Akteurinnen, allen voran der Verein gegen Tierfabriken, über 100.000 Österreicher:innen, die die Petition gegen den Vollspaltenboden unterschrieben haben, bis hin zur Kronen Zeitung und einzelner Handelsvertrter:innen Anteil haben.
Sehr lange Übergangsfristen
Wermutstropfen sind allerdings die langen Übergangsfristen. So gilt ein vollständiges Verbot erst ab 2040 und auch ein detaillierter Plan, was die Alternative zum Vollspaltenboden sein soll, ist erst für 2028 angedacht. Dass es ganz ohne Übergangsfrist gehen wird und das Verbot ab sofort oder mit 2023 in Kraft treten soll, wie manche fordern, ist illusorisch. Die Art und Weise, wie Schweine bei uns gehalten werden, ist über Jahre und Jahrzehnte unter Federführung der Landwirtschaftskammer so geschaffen, begründet mit Effizienzsteigerungen und Arbeitserleichterungen. So hat man den Landwirt:innen erzählt, die in Österreich vergleichsweise noch immer kleinbäuerlichen Strukturen könnten in Konkurrenz zum Weltmarkt treten. Die Verlierer:innen dieses Systems sind Bäuer:innen, Konsument:innen, Tiere und die Umwelt gleichermaßen. Von dem her werden die Landwirt:innen nicht von heute auf morgen aus diesem System aussteigen können. Allerdings ist 2040 ein doch sehr langer Zeitraum.
Wenn man die Landwirt:innen von Seiten der öffentlichen Hand unterstützt, sollte auch eine kürzere Übergangsfrist möglich sein. Hier gilt es weiter dran zu bleiben und weiter Druck auf die aktuelle und kommende Regierungen auszuüben. Ein Hebel zur Beschleunigung könnte hier auch die verpflichtende, standardisierte Haltungskennzeichnung bei Fleischwaren sein. Derzeit gibt es unzählige selbst gestrickte Siegel der Handelskonzerne, die aber für die Konsument:innen schwer durchschaubar sind. Eine klar definierte Haltungskennzeichnungen, ähnlich der Kennzeichnung bei den Eiern, gibt den Kund:innen einen guten Kompass in die Hand und könnte auch dazu führen, dass Fleischwaren aus schlechter Tierhaltung weniger nachgefragt und aus den Supermarktregalen verbannt werden.
Apropos Eier: Als das Verbot der Käfighaltung für Legehennen beschlossen wurde, war der Aufschrei in der Landwirtschaftskammer groß und das Ende von Eiern österreichischer Herkunft wurde vorausgesagt. Dies ist aber nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil. Die Selbstversorgung in Österreich mit frischen Eiern ist gestiegen und die Importe wurden verringert. Allerdings gab es auch hier ein langes Ausstiegsszenario von 15 Jahren. Da aber die Supermarktketten die Eier aus Käfighaltung schon viel früher aus dem Sortiment genommen haben, sind viele Bauern schon weit vor der Frist umgestiegen. Mit Auslaufen der Frist 2019 gab es in Österreich noch fünf Betriebe mit Käfighaltung. Das lässt hoffen, dass auch in der Schweinhaltung schon viele Betriebe vor der Frist umsteigen werden. Für Neu,- und Umbauten gilt das Gesetz ohnehin schon ab 2023.
Die Haltung auf Vollspaltenböden gibt es allerdings nicht nur bei Schweinen, sondern auch bei Rindern, ebenso wie es noch immer erlaubt ist, Rinder zumindest einen gewissen Zeitraum im Jahr in Anbindehaltung zu halten. Es gibt also noch genug zu tun, in Bezug auf die Verbesserung der Lebensbedingungen bei den sogenannten „Nutztieren“.
Das beschlossene Verbot der Vollspaltenböden in der Schweinehaltung ist hier ein kleiner, wichtiger Mosaikstein.
Veröffentlicht: 25. Juli 2022