TU Graz: Von Schütte-Lihótzky zu Stronach
Auf dem Weg zur gemieteten Wissenschaft
Eine Honorarprofessur für Frank Stronach? Kritik ist vonnöten!
Die Verleihung der Lehrbefugnis als Honorarprofessor durch die
TU Graz an Frank Stronach ist ein besonderes Beispiel für das sonst
normale akademische Ritual universitärer Danksagung für geleistete
Dienste, hier also für Professuren, sogar Institute. HonProf Frank
Stronach muss schließlich auch lehren können dürfen an seinen
Stiftungen.
Dies stellten der Vorsitzende der Hochschülerschaft an der Uni
Graz, Philipp Funovits, Ass.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hans Mikosch von
der TU Wien, der Grazer KSV-Vorsitzende Hanno Wisiak und der
Wissenschaftssprecher der KPÖ-Graz, Gemeinderat Georg Fuchs, in
einer gemeinsamen Erklärung fest.
Die erbrachte Nothilfe ist nur Ausdruck für die Zerschlagung
öffentlicher Einrichtungen durch das Kürzen oder gar Streichen
ihrer bisherigen Finanzierungsquellen, und zwar weil das Geld
anderswo gewinnträchtiger eingesetzt werden soll, nicht, weil es
nicht vorhanden wäre!
Drittmittel, die inneruniversitäre Bezeichnung für Finanzierung
durch universitätsfremde Einrichtungen, sind aber, letzten Endes
egal in welcher Höhe, kein zweckdienlicher Ersatz für vollkommen
unzureichende öffentliche Mittel. Sie sind eine notwendige
Ergänzung, auch – im naturwissenschaftlich-technischen
Bereich - ein Beweis für verwertbare, anwendungsfähige
wissenschaftliche Arbeit auf internationalem Niveau. Aber schon
bisher haben sich Institute über diese Quellen finanziert, haben
ein Vielfaches an ihrer 'ordentlichen Dotation' eingeworben
durch spezielle Forschungsarbeiten, Dienstleistungen, u.ä.
Schon seit vielen Jahren wäre kein zeitgemäßer Lehrbetrieb mehr möglich, wenn nicht Drittmittelgelder und -geräte auch für Studenten zur Verfügung gestellt worden wären - von international relevanter Forschung ganz zu schweigen. Aber wie können sich Geisteswissenschafter in dieser Zeit der gekürzten Budgets helfen, um ihre Forschung und Lehre aufrechterhalten zu können?
Es ist vor allem zu fragen: Was ist das für eine Wissenschaft,
die entsteht über Drittmittel-finanzierte Projekte, die entwickelt
wird an Stronach-Instituten von Stronach-Professoren? Die
notwendigen Änderungen auch im österreichischen universitären
Bildungs- und Forschungssystem werden dadurch in eine falsche
Richtung gedrängt.
Ausgliederung aus öffentlicher Kontrolle und Verantwortung ist ein
Schritt zurück zu Urformen der Konkurrenz, ja zu Kannibalismus: Die
ausgegliederten Universitäten streiten sich mit der ausgegliederten
Bundesimmobilienverwaltung; diese will ihre Kosten minimieren, um
ihr vom Finanzministerium gekürztes Budget nicht zu sprengen, jene
müssen ihre Mietverträge maximieren, um über das
Bildungsministerium demselben Finanzminister die verlangten
Dividenden zahlen zu können! Und um sich die Mieten leisten zu
können, wandert die Uni zu privaten Vermietern und zieht selbst auf
die grüne Wiese - auch eine Art von Konjunkturbelebung!
Fremdfinanzierung ist nur ein anderes Wort für Privatisierung, und
die hilft nicht, weder beim Kommunalverkehr, noch bei Wohnungen,
und eben auch nicht in Wissenschaft und Forschung. Das sind
bestenfalls Notlösungen, die aber die Notwendigkeit der
grundsätzlichen Änderung des geltenden Universitätsgesetzes 2002
untergraben, und die berechtigten Proteste
dagegen diskreditieren. Oder helfen vielleicht
Stronach-Subventionen in der
Fußball-Bundesliga?
Es ist bitter, feststellen zu müssen, dass jahrzehntealte Aussagen
ihre volle Gültigkeit behalten haben: Bertolt Brecht ließ Galilei
den Opportunismus von Wissenschafter charakterisieren mit
'hochintelligenten Zwergen, die für alles gemietet werden
können'. Dagegen ist es unerlässlich, 'sich der
gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen, um nicht als
Baumanager zu enden, sondern Architekt zu werden', wie Dr. hc.
mult. Grete Schütte-Lihotzky bei ihrer Laudatio zur Verleihung der
ersten Ehrendoktorwürde einer Technischen Universität für eine Frau
in Graz vor vielen Jahren meinte.
Veröffentlicht: 22. November 2004