Sozialpass in Graz verwirklichen
Gemeinderätin Taberhofer nimmt in Budgetdebatte zu sozialen Fragen Stellung
Gemeinderätin Magistra Ulrike Taberhofer (KPÖ)
Sozialpass muss rasch umgesetzt werden
Beitrag zur Budgetdebatte am 14. Dezember 2006
Kommunale Selbstverwaltung und die Erbringung kommunaler Daseinsvorsorgeleistung sind aus Sicht der KPÖ unabdingbar als zusammengehörig zu sehen. Die Tendenz zunehmender Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung hat jedoch das Funktionieren kommunaler Selbstverwaltung ins Wanken gebracht. Durch Ausgliederung und Privatisierung wird eine organisatorische Trennung der Leistungserbringung von kommunaler Verwaltung und Politik vollzogen. Damit werden die Möglichkeiten der Kommunalpolitik, gestaltend Einfluss auf die Qualität und die Kosten der Leistungserbringung zu nehmen, in erheblichem Maße eingeschränkt. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im heute vorliegenden Budgetentwurf wider, nämlich durch Privatisierung kommunalen Eigentums eine Sanierung des Haushalts herbeizuführen. Dieses Vorhaben kann jedoch nur als kurzfristige Maßnahme zur Sicherstellung der Ausgaben für das nächste Jahr gesehen werden. Die Perspektiven darüber hinaus zeichnen sich aus unserer Sicht bereits jetzt ab – Verteuerung der Leistungen und Gefährdung von Arbeitsplätzen. Abgesehen davon hat seit Jahren bedingt durch die „Sparpolitik“ von Bund und Land der Druck zugenommen, mehr betriebswirtschaftlich zu denken und zu planen und es wurden sukzessive lineare Kürzungen vorgenommen.
Es ist durchaus nachvollziehbar, dass jede Ausgabe in Hinblick auf eine für die Menschen in unserer Stadt erforderliche Verwendung hinterfragt werden muss. Aber eine Auseinandersetzung über politische Prioritäten bezüglich der Aufgabenstellungen der Stadt und der damit verbundenen Kosten sehe ich als dringend notwendig an, da in vielen Bereichen keine Kürzungen mehr möglich sind.
Als ein Beispiel dafür möchte ich den Bereich der Sozialausgaben herausgreifen. In unserer Gesellschaft ist der Anteil derer, die an oder bereits unter der Armutsgrenze leben ständig im Steigen begriffen und diese Entwicklung ist auch auf der kommunalpolitischen Ebene immer stärker spürbar. So gelten in Österreich 12,8 % der Bevölkerung bzw. ca. eine Million Menschen (1.030.000) als armutsgefährdet. Ihr Pro-Kopf-Einkommen ist unter 60% des mittleren Einkommens aller Haushalte, das im Jahr 2004 bei 848 Euro pro Monat bzw. 10.182 Euro jährlich lag. Die Armutsgefährdungsquote in der Steiermark entspricht mit 12,5% dem bundesweiten Wert. In absoluten Zahlen heißt das, dass 150.000 Steirerinnen und Steirer von Armut gefährdet sind. Generell ist Armut immer weniger auf bestimmte Randgruppen beschränkt, sondern kann alle betreffen. Frauen allgemein und Alleinstehende sowie Alleinerziehende im Besonderen, MigrantInnen, kinderreiche Familien, arbeitslose Personen oder Menschen mit geringer Ausbildung gehören zu jenen, die in unserer Gesellschaft von einer überdurchschnittlichen Armutsgefährdung bedroht sind. Umverteilung ist für uns als KPÖ ein zentrales Element sozial gerechter Politik. Aber zur Zeit ist vielmehr spürbar, dass vielen Menschen die Möglichkeit fehlt bzw. nicht geboten wird, durch Erwerbsarbeit für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen und das führt dazu, dass viele auf Unterstützung angewiesen sind.
Da die Lösung der sozialen Probleme keine Frage der Mildtätigkeit ist, sondern Kernelement auch auf kommunaler Ebene, wirkt sich das auf die Stadt aus und zwar insofern, als dass sie eine Verpflichtung hat, finanzielle Mittel bereitzustellen, sei es in Form der Sozialhilfe oder der Behindertenhilfe, notwendig ist aber auch die Gewährleistung von Zuzahlungen bei Alten- und Pflegeheimen, aber auch die Absicherung der Mobilen Dienste, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Der Bedarf ist in allen Bereichen steigend. Bezogen auf die Sozialhilfe wurden laut Sozialamt im Jahr 2005 727 Personen und deren Angehörige laufend unterstützt, weitere 4.112 Personen samt Angehörigen erhielten fallweise Unterstützung zur Abdeckung des Lebensbedarfs. Waren für das Jahr 2006 13 Millionen Euro in der OG dafür vorgesehen, so wurde für das Jahr 2007 bereits eine Erhöhung auf 13,260.000.- Euro festgelegt. Der skizzierte Einsatz der finanziellen Mittel bezieht sich jedoch ausschließlich auf den derzeitigen Ist-Zustand und sieht noch keine Verbesserungen bzw. einen Ausbau der sozialen Systeme vor, die wir als KPÖ für dringend notwendig halten.
Eine Forderung, die z.B. umgesetzt werden soll, steht im Zusammenhang mit der Sozialhilfe, nämlich die Abschaffung der Regressforderung. Sie ist eine Armutsfalle und stellt eine zusätzliche Hürde für den neuerlichen Eintritt in den Arbeitsmarkt dar. Abgesehen davon wurde die Sozialhilfe eigentlich nur als Instrument zur Überbrückung außergewöhnlicher Notlagen geschaffen und ist nicht dafür geeignet, regelmäßig wiederkehrende und massenhaft auftretende soziale Risikolagen wie Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse oder Altersarmut aufzufangen. Das Beste ist es jedoch zu verhindern, dass Menschen in die Sozialhilfe abrutschen. Das bedarf jedoch vor allem einer anderen Politik auf Bundesebene.
Eine weitere Forderung, die aber auf kommunaler Ebene umgesetzt werden kann und muss, ist die Einführung eines Sozialpasses für Menschen in unserer Stadt, die ein geringes Einkommen haben. Mittels eines Ausweises können so Behördenwege reduziert und alle bestehenden Ansprüche aufgelistet werden. Er soll dazu beitragen, dass sich die Preise bei der GVB und auch für öffentliche Kultur-, Sport- und Bildungseinrichtungen verringern und er könnte z. B. auch den Bezug des Heizkostenzuschusses garantieren.
Vor dem Hintergrund der derzeitigen Kürzungen auf allen Ebenen mag es für Einige unrealistisch erscheinen, Verbesserungen im sozialpolitischen Bereich zu fordern, aber als KPÖ-Fraktion treten wir dafür ein, Ansätze einer vorausschauenden Politik zu entwickeln und das schließt immer wieder die Frage der Umverteilung mit ein. Denn eine sozial gerechte Politik kann nur so gewährleistet werden.
Veröffentlicht: 30. Mai 2009