Schwarz-blaue Politik, in Zahlen gegossen
Budgetrede von Klubobmann Manfred Eber zum Doppelbudget 2017/18
Budgetrede zum Doppelbudget 2017/18
Klubobmann Manfred Eber
Graz, am 29. 6. 2017
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
geschätzte Mitglieder der Stadtregierung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren!
Das Budget ist bekanntlich „die in Zahlen gegossene Politik“. Warum dieses Budget, diese Politik der schwarz-blauen Mehrheit im Grazer Gemeinderat „Sozialabbau in fliederblau“ bedeutet, werde ich versuchen in meinem Beitrag darzustellen.
Die Agenda 22 der schwarz-blauen Stadtregierung und viele Wortmeldungen von führenden Repräsentanten dieser beiden Parteien weisen darauf hin, dass sie auf eine verstärkte Gängelung von Menschen, denen es nicht so gut geht, hinarbeiten. Die Veränderungen bei der Sozialcard, die heute beschlossen werden sollen, die Änderung der Richtlinien für die Vergabe von Gemeindewohnungen sind erste Schritte in diese Richtung. Zu sozialen Themen und Fragestellungen wird heute noch meine Kollegin Uli Taberhofer sprechen.
Kürzere Liste von Wohnungssuchenden löst das Problem nicht
Und zum Thema Richtlinien für Gemeindewohnungen kann ich Ihnen versichern: Sie werden es schaffen, die Liste der Wohnungssuchenden für eine Gemeindewohnung kürzer zu machen. Sie werden es damit aber nicht schaffen, die Zahl derjenigen zu verringern, die auf Wohnungssuche sind, die auf leistbaren Wohnraum angewiesen sind.
500 neue Gemeindewohnungen sollen in den kommenden fünf Jahren entstehen, rund 25 Millionen Euro stehen dafür und für umfassende Sanierungen, Brauchbarmachungen etc. bereit. Das ist nicht neu, sondern resultiert aus der Arbeit des vergangen Jahres. Elke Kahr hatte diese Zahlen bereits ausverhandelt.
Im Doppelbudget 2015/16 konnte die KPÖ einen Gebührenstopp für Müll und Kanal erreichen. Nun wird der Automatismus, der von Schwarz-Grün eingeführt wurde, wonach diese Gebühren um den VPI angehoben werden, wieder aktiviert werden. Wir haben uns dagegen ausgesprochen, weil damit auch die Tarifhoheit dem Gemeinderat entzogen wird.
In vielen wichtigen Bereichen, Kultur, Gesundheit, Jugend, Sport und andere, werden zunächst fünf Prozent der genehmigten Subventionen nicht ausbezahlt. Für viele Vereine, die in diesen Bereichen Aufgaben für die Stadt Graz und für die Menschen in unserer Stadt übernehmen, bedeutet dies eine große Unsicherheit für ihre Tätigkeit. Im Kulturbereich wird diese durch Verkürzung der Laufzeit von Förderverträgen noch weiter verschärft.
Keine Kürzungen bei Parteien- und Klubförderung
Nicht betroffen von dieser fünf-Prozent-Sperre ist die Parteien- und Klubförderung. Mit mehr als 2,4 Millionen Euro ist unsere Parteienförderung eine der höchsten in ganz Österreich - umgerechnet auf die Bevölkerung. Dass man hier eine Ausnahme von der fünf-Prozent-Sperre macht, stößt auf Unverständnis und Unmut bei den Grazerinnen und Grazern.
Im Doppelbudget 2015/16 konnten wir mit der ÖVP und der SPÖ eine zumindest dreiprozentige Kürzung der Parteienförderung erreichen. Bei den Budgetverhandlungen für 2017 forderten wir eine zehnprozentige Kürzung. Beide Parteien - ÖVP und SPÖ - haben dies abgelehnt.
Auch das war mit ein Grund dafür, dass es zu keinem gemeinsamen Budget gekommen ist. (-> Abänderungsantrag)
Lieber Neuwahlen als demokratische Mitbestimmung
Ein weiterer Grund war ja, wie bekannt, die Frage des Murkraftwerks. Hier waren wir der Meinung, dass die Grazerinnen und Grazer diese wichtige Entscheidung treffen sollen. Wir haben auch gesagt: Für uns ist das Ergebnis einer Volksbefragung bindend, wir hätten jedes Ergebnis akzeptiert - und natürlich auch erwartet, dass die anderen Parteien dies auch so handhaben.
Bürgermeister Nagl hat diese Vorgehensweise abgelehnt und lieber Neuwahlen durchführen lassen. Auch wenn Sie, Herr Bürgermeister, nun bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit versuchen, die KPÖ für die vorgezogenen Wahlen verantwortlich zu machen, Fakt ist: Wahlen im Herbst kosten nicht mehr und nicht weniger als Wahlen im Feber.
Eine andere Sichtweise hat Bürgermeister Nagl offensichtlich, wenn es um vorgezogene Wahlen auf Bundesebene geht. Bekanntlich hat die ÖVP die Koalition mit der SPÖ verlassen. Damit hat er kein Problem....
Das Prinzip „Euer Geld für unsere Leute“
Wir hielten und wir halten es für falsch, dass es unter Schwarz-Grün zu Ausgliederungen gekommen ist, dass die Aufsichtsräte in den Beteiligungen nur von Schwarz und Grün gestellt wurden. Nach 2012 waren alle Fraktionen in den Aufsichtsräten von Holding Graz, GBG, Messe und anderen vertreten.
Heute geht Schwarz-Blau noch weiter. Nicht nur besetzen sie die Aufsichtsräte wiederum nur mit Persönlichkeiten aus ihren eigenen Reihen, sie wollen auch die Entgelte für die Aufsichtsratsvorsitzenden verdoppeln.
Jetzt versteht man auch den Slogan der FPÖ besser, wo es heißt: „Unser Geld für unsere Leute.“ Um es noch deutlicher zu machen, sollte es vielleicht gleich heißen: „Euer Geld für unsere Leute.“
Arbeitslosigkeit ist inhumanste Form der Arbeitszeitverkürzung
Unter dem Titel „starker Wirtschaftsstandort“ heißt es im Programm von Schwarz-Blau:
„Wir sind davon überzeugt, dass ein Wirtschaftsstandort und eine Gesellschaft nur funktionieren können, wenn jeder eine Chance auf Arbeit hat und staatliche Sozialleistungen nur in begründeten Härtefällen zur Auszahlung gelangen.“
In einem Interview wirft Bürgermeister Nagl der Sozialdemokratischen Partei, den Grünen und der KPÖ vor, Arbeit sei für diese Parteien nur ein Übel, das es zu verkürzen gelte.
Dazu einmal einige Fakten: Auch wenn sich die Arbeitslosenzahlen und die Zahl der Beschäftigten im Moment positiv entwickeln: Wir haben es mit einer verfestigten Arbeitslosigkeit zu tun. Insbesondere Menschen über 50 Jahre und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen profitieren nicht von der steigenden Beschäftigung. Allein in diesen beiden Personengruppen sind weit über 20.000 als arbeitslos gemeldet. Wer gibt ihnen eine Chance auf Arbeit?
Dazu kommen noch weitere Probleme: Teilzeitbeschäftigung, geringfügige Beschäftigungen, Werkverträge, Scheinselbständigkeit und andere Formen atypischer Beschäftigung führen zu niedrigen Einkommen, zu Arbeitsplatzunsicherheit und - in Zukunft - zu niedrigsten Pensionen. Wer verhindert - vor allem auf Bundesebene - Mindesteinkommen, von denen man leben kann?
Der 12-Stunden-Arbeitstag ist keine Lösung. Während auf der einen Seite von Beschäftigen ein enormes Pensum an Arbeit und die Bereitschaft zu Mehrarbeit und Überstunden gefordert wird, häufen sich auf der anderen Seite die Gewinne und Vermögen. Der Reichtumsticker der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigt, dass die reichsten 10 Prozent in Österreich (das sind rund 380.000 Haushalte) mehr als 2/3 des Privatvermögens besitzen. Ihr Reichtum wächst um ca. 3,5 Millionen Euro - pro Stunde!
Die Einführung einer Vermögenssteuer ab einem Vermögen von einer Million Euro ist ein Gebot der Stunde, ebenso wie eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Denn Arbeitslosigkeit ist die schlimmste und inhumanste Form der Arbeitszeitverkürzung!
Beim Ausbau von Bus- und Straßenbahnlinien wurde bereits zu viel Zeit verloren
Graz ist bekanntlich eine der am stärksten wachsenden Städte in Österreich, um rund 4.000 Personen wächst Graz - pro Jahr.
Die Herausforderungen, die damit verbunden sind, sind enorm. Nicht nur Wohnungen müssen für diese Menschen bereitgestellt werden, sie benötigen auch Kindergärten, Schulen, öffentlichen Verkehr, Grünraum und vieles mehr.
Wie dieses Wachstum gestaltet wird, um es sozial- und umweltverträglich zu halten, ist die Aufgabe der Politik.
Der öffentliche Verkehr ist die Säule der "sanften Mobilität". Der Ausbau der Bus- und insbesondere der Straßenbahnlinien ist ein Gebot der Stunde. Hier wurde in der Vergangenheit bereits zu viel Zeit verloren.
Neben der Attraktivität ist aber auch die Tarifpolitik entscheidend dafür, ob die Holding Graz Linien zunehmend zu einer Alternative zum Motorisierten Individualverkehr werden können. Die günstige Jahreskarte für Grazerinnen und Grazer ist bislang eine Erfolgsgeschichte. Durch die Verteuerung am 1. Juli wird aber diese günstige Jahreskarte wieder teurer sein als die Halbjahreskarte, an deren Preis man sich bisher orientiert hat.
Notwendig wäre aber eine Tarifpolitik, die über die Jahreskarte hinausgeht. Auch die Grazer AuspendlerInnen benötigen einen Zuschuss zu Mehrzonenkarten, um einen echten Anreiz für den Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr zu bekommen. Der Automatismus gehört aufgehoben, wonach der Verkehrsverbund - mit Billigung der Landesregierung - die Tarife um das 1,75fache der Inflation erhöhen kann.
Enorme Bebauungen statt qualitätsvollen Wachstums
Immer mehr Menschen äußern ihren Unmut über die zunehmende Verbauung von Grünflächen.
In vielen Dokumenten der Stadt Graz wird qualitätsvolles Wachstum in den Vordergrund gestellt. Doch die Wirklichkeit sieht leider oft anders aus. Im Westen von Graz wurden enorme Bebauungen zugelassen, die ehemals vorwiegend grünen Bezirke Straßgang und Wetzelsdorf sind kaum wiederzuerkennen, wurden doch Wohn- und Bürogebäude errichtet, deren Bruttogeschossflächen in Summe jene von Reininghaus übersteigt. Nun wird offenbar überlegt, auch Teile der Ackerflächen der land- und forstwirtschaftlichen Schule Alt-Grottenhof zur Bebauung freizugeben. Dazu entwickelt sich aber Widerstand in der Bevölkerung.
Und wo - lässt schon Erich Kästner seine Kritiker fragen - wo bleibt das Positive? „Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.“ war seine Antwort.
Ich möchte aber auf das tatsächlich Positive hinweisen. Wenn der Unmut von vielen Grazerinnen und Grazern nicht in Resignation umschlägt, sondern wenn diese Menschen aktiv für ihre Interessen eintreten und selbst die Geschicke und die Zukunft der Stadt Graz mitgestalten wollen, dann kann es tatsächlich zu einer positiven Entwicklung in unserer Stadt kommen.
Veröffentlicht: 29. Juni 2017