Pflege-Petition: Wofür sammelt die KPÖ Unterschriften?
Der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer im Interview
Die Corona-Pandemie hat die Pflege-Krise in der Steiermark dramatisch verschärft. Ausgebrannte Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen, leerstehende Betten durch Personalmangel und fehlende Ausbildungsplätze zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Verantwortlichen in der Landesregierung und der Bundesregierung wissen seit vielen Jahren um die zahlreichen und schwerwiegenden Probleme – doch es fehlt an entschlossenen Taten! Daher sammelt die KPÖ Steiermark aktuell Unterschriften für eine Pflege-Petition, die man auch online unter gute-pflege.at unterschreiben kann.
Die KPÖ Steiermark sammelt aktuell Unterschriften für eine Pflege-Petition. Wo brennt gerade in der Steiermark der Hut beim Thema Pflege?
Robert Krotzer: Tatsächlich hat sich die Situation in den letzten Wochen noch einmal akut verschärft. Ausgebrannte Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen, leerstehende Betten durch Personalmangel, fehlende Ausbildungsplätze: All diese Probleme sind in der Steiermark seit vielen Jahren bekannt. Von den Regierungen auf Landes- und Bundesebene wurde jedoch meist nur von steigenden Kosten gesprochen – mit dem Ziel, diese möglichst zu senken. Die Folgen dieser neoliberalen Politik fallen uns als Gesellschaft jetzt auf den Kopf: Ausgebrannte Pflege-Kräfte, Versorgungslücken und lange Wartezeiten sind das Ergebnis dieser verfehlten Politik. Pflege und Gesundheit sind jedoch keine Kostenfaktoren, die man sich sparen kann – sie machen eine soziale Gesellschaft überhaupt erst aus.
In Graz geht die KPÖ zwar konsequent eigene Wege und steuert dagegen. Doch eine Stadt allein mit ihren viel zu geringen finanziellen Mitteln und stark eingeschränkten Wirkungsbereich kann diesen Notstand nicht lösen. Dennoch sind die von uns initiierten und umgesetzten Maßnahmen enorm hilfreich: Das wichtige Angebot der Pflegedrehscheibe, das Tarifmodell, mit dem in der Hauskrankenpflege die Mindestpension für Pflege-Bedürftige gesichert wird, eine Pflegeplatz-Datenbank oder Zulagen für Springer-Dienste in den stadteigenen Pflegeheimen konnten erfolgreich etabliert werden.
Was sind eure wichtigsten Forderungen beim Thema Pflege?
Robert Krotzer: Jede:r kann durch einen Unfall oder eine Krankheit jederzeit in die Situation kommen, im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung auf bestmögliche Hilfe angewiesen zu sein. Dafür brauchen die Pflege-Beschäftigten endlich konkrete Verbesserungen und nicht nur leere Worte von der Bundes- und Landesregierung.
Wir fordern daher die Aufstockung der Ausbildungsplätze für Pflegeberufe, die Erhöhung der Personalschlüssel, die Anhebung der Entlohnung für Pflegekräfte, die finanzielle Absicherung in der Pflege-Ausbildung und die Reduktion der Arbeitszeit mit dem Ziel einer 35-Stunden-Woche.
Warum macht ihr eine Petition? Was versprecht ihr euch davon? Wie kann man mit einer Petition Druck auf die Landesregierung ausüben?
Robert Krotzer: Für die genannten Forderungen und viele weitere Anliegen gehen Pflege-Beschäftigte seit vielen Monaten immer wieder auf die Straße. Die Protestaktionen wurden auch in Graz immer größer und der Zuspruch aus der Bevölkerung ist sehr ermutigend. Um den Druck auf die steirische Landesregierung zu erhöhen, sammeln Pflege-Beschäftigte nun mit Unterstützung der KPÖ tausende Unterschriften für dringend nötige Verbesserungen. Die von der Bundesregierung angekündigten Reformen können nämlich nur als erste Schritte gesehen werden, denen viele weitere folgen müssen, um die Pflege-Krise zu lösen. Durch vorhandene positive Alternativen, wie wir sie in Graz umsetzen und durch beharrlichen Druck von unten werden wir das Land Steiermark überzeugen, dass endlich umfassende Maßnahmen ergriffen werden.
Wie geht es danach weiter? Was sind eure nächsten Ziele beim Thema Pflege in der Steiermark bzw. Graz?
Robert Krotzer: Der rasant wachsende Personalbedarf in der Pflege ist aus heutiger Sicht einfach nicht abzudecken. Schon derzeit bleiben ganze Stationen in Krankenhäusern geschlossen, Betten in Pflegeheimen stehen leer. Österreichweit müsste ab sofort jede:r 2. Jugendliche einen Pflegeberuf ergreifen, um den zukünftigen Personalbedarf abdecken zu können. Hier sieht man ganz deutlich die Folgen der Untätigkeit der letzten 15 Jahre. Eine unserer zentralen Forderungen ist, dass angehende DGKP gleich wie Polizeischüler:innen bezahlt werden müssen, dazu gratis Unterkünfte, gratis Essen, Praktikumsplätze, bei denen man nicht nur ausgenutzt wird.
Um diese Kosten auch künftig decken zu können, wird es notwendig sein, die Millionen- und Milliarden-Vermögen in Österreich endlich zu besteuern. Politiker, die sich als Schutzpatrone der Superreichen dagegenstemmen, gefährden mit dieser Haltung die Zukunft unseres solidarischen Gesundheitswesens!
Wenn auch Sie mithelfen möchten, den Druck auf die Landesregierung für echte Verbesserungen in der Pflege zu erhöhen, können Sie das auch online unter gute-pflege.at tun. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Veröffentlicht: 13. Juli 2022