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ÖGK: Das sind die negativen Auswirkungen der Fusion

Trotz gegenteiliger Versprechungen der damaligen Bundesregierung, hat die Sozialversicherungsreform in einigen Bereichen erhebliche Verschlechterungen mit sich gebracht.

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Mit Jänner 2020 wurden die bisher neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) fusioniert.

Wie viele weitere Betroffene, hat auch Theresia Schwab*) die negativen Auswirkungen der Kassenfusion zu spüren bekommen. Ihre 96-jährige Mutter hat die Pflegestufe 6 und ist inkontinent. Von ihrem alten Versicherungsträger, hat die Familie ein Kontingent von 224 Stück Inkontinenz-Pants pro Quartal erhalten. Um den durchschnittlichen Tagesbedarf von ca. vier bis fünf Stück abzudecken, wurde von der Familie zugekauft, um ein Altern in Würde zu ermöglichen. 

Nach der Kassenfusion hat die ÖGK die Leistung reduziert. Jetzt stehen nur mehr zwei Stück Windeln, oder 1 Stück Pants pro Tag gratis zur Verfügung. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die ÖGK in einem weiteren Schritt die Abgabe der Inkontinenzprodukte, ausgelagert hat.

„Bestellen muss man sie jetzt bei externen Orthopäden oder bei der Firma Lohmann & Rauscher. An sich wäre das kein Problem, wenn man die Produkte dann nicht selbst abholen müsste“, beklagt Schwab. Ein zusätzlicher Mehraufwand für ohnehin schon stark strapazierte, pflegende Angehörige. Eine Zustellung ist zwar prinzipiell möglich, je nach Entfernung können dafür aber Extrakosten von bis zu 40 Euro anfallen. „Es ist wirklich belastend, dass sich die Leistungen der ÖGK so verschlechtert haben. Man lässt hier eine Generation im Stich, die ein Leben lang hart gearbeitet, und den Sozialstaat aufgebaut hat. Speziell auch die Frauen. Das ist wirklich traurig, dass soziale Leistungen Stück für Stück beschnitten werden“, meint Theresia Schwab. 

Eine „Patientenmilliarde“ und eine Leistungsharmonisierung von allen Sozialversicherungsträgern wurde von der Politik zwar vollmundig angekündigt, bislang aber nicht umgesetzt. Tatsächlich entzieht man der Krankenversicherung bis 2024 sogar 774 Millionen Euro. Weitere Leistungseinbußen sind zu befürchten.


*) Name von der Redaktion geändert

 

  

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Georg Erkinger ist Bundesvorsitzender und Arbeiterkammerrat des Gewerkschaftlichen LinksBlocks – GLB.

Kommentar Georg Erkinger (GLB)


Stück für Stück erleben wir die negativen Konsequenzen, die die sogenannte „Reform“ der Sozialversicherung mit sich bringt. Schon die GKK hatte pro Anspruchsberechtigten nur rund 2.050 Euro im Jahr zur Verfügung, die BVAEB in der die öffentlich Bediensteten versichert sind, um rund 500 Euro mehr.

An dieser Schieflage hat sich nichts geändert. Im Gegenteil: ÖVP und FPÖ haben der ÖGK als Nachfolgerin der Gebietskrankenkassen noch finanzielle Mittel entzogen. In Summe sind das 744 Millionen Euro bis 2024. Darunter fällt etwa die Erhöhung der Mittel für Privatkliniken – ein Thema, das bereits die Gerichte beschäftigt. Millionen Versicherte müssen mit ihren Beiträgen für die Leistungen weniger Privatversicherter aufkommen.

Die Forderung, dass die entzogenen Mittel der ÖGK rückerstattet werden, ist daher genauso richtig wie die, dass das Kapital in die Finanzierung einbezogen und diese nicht mehr nur auf den Löhnen lasten soll.

Damit diese und andere wichtige Forderungen aus dem Gesundheitspolitischen Programm der ArbeitnehmerInnen in der ÖGK umgesetzt werden, braucht es aber den Druck der Versicherten. Nur so können Verschlechterungen zurückgenommen und Leistungen verbessert werden.

Veröffentlicht: 4. März 2022

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