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Nach dem Erfolg - die Eindämmung

Beitrag von Elke Kahr im Jahrbuch für Politik der steirischen ÖVP

Stadträtin
Elke Kahr

Erfolg und Eindämmung

Zum Abschneiden der Grazer KPÖ am 25. 11. 2013

Was bedeutet das Ergebnis der Gemeinderatswahl für die Menschen in Graz? Welche Schlüsse zieht die KPÖ daraus? Darauf Antworten zu geben, ist nicht leicht.

Ein Wahlerfolg kann auch blind für die Probleme machen, die vor einem stehen. Wer jemals erlebt hat, wie es ist, bei einer Wahl so kräftig zuzulegen, wer in den Tagen danach so viel Zuspruch von wildfremden Menschen auf der Straße zur Kenntnis nehmen konnte, der muss aufpassen, nicht “abzuheben“ . Wir haben aber in unserer Geschichte schon sehr viele Höhen und Tiefen erlebt. Das macht es leichter, auch nach Erfolgen die Dinge mit nüchternem Blick zu betrachten.

Offene Konten

Der 25. November 2012 hat klargestellt, dass die KPÖ aus dem politischen Leben der steirischen Landeshauptstadt nicht wegzudenken ist. Wir haben 1991 damit begonnen, unsere Arbeit umzustellen und haben es geschafft, dadurch eine feste Basis und eine langdauernde Unterstützung durch große Teile der Bevölkerung zu erreichen. Für eine KPÖ ist es nicht selbstverständlich, fast zwei Jahrzehnte lang so viel Zuspruch zu erhalten, dass die Arbeit als Stadträtin für das Wohnungswesen in der Stadtregierung abgesichert werden kann.

Was haben die Menschen davon, dass sie in so großer Zahl KPÖ wählen? Zuerst einmal konkrete Hilfe und Unterstützung in schwierigen Lebenslagen. Das hat nichts mit Stimmenkauf oder Caritaspolitik zu tun. Die Tatsache, dass wir einen großen Teil unserer Politgehälter für soziale Zwecke zur Verfügung stellen, ist Folge unserer Selbstverpflichtung. Wir treten dafür ein, dass sich kein Politiker in seinen Lebensverhältnissen über die Mehrheit der Bevölkerung stellen kann. Am „Tag der offenen Konten“ legen wir Jahr für Jahr die Belege für die Verwendung ihrer Politikerbezüge offen. Nach Ernest Kaltenegger, der diese Praxis 1998 eingeführt hatte, halte auch ich mich daran. Im Jahr 2012 haben wir insgesamt € 127.622,62 für diesen Zweck an 944 Familien und Personen zur Verfügung gestellt. Unterstützung für Lebensbedarf, Mietzinszahlungen (Verhinderung von Delogierungen), Kautionen, Reparaturen. Waschmaschine, Boiler etc. sowie Strom- und Heizkosten machten einen Großteil der Ausgaben aus.
Unsere Haltung findet mehr Unterstützung, als sie auf Kritik stößt. Die Kritik daran kommt vor allem aus der politischen Klasse und von manchen Medien. Die Zustimmung ist auch bei humanistisch und sozial gesinnten Menschen sehr groß, die sonst eher dem bürgerlichen oder christlich-konfessionellen Lager zuzurechnen sind.

Die Arbeit im Wohnungsamt hat zu positiven Ergebnissen geführt. Wir konnten im Jahr 2011 die Initiative „Ein Bad für jede Gemeindewohnung“ erfolgreich abschließen. Ein Bereichsabkommen mit ÖVP und Grünen hat dazu geführt, dass der Bau von 500 neuen Gemeindewohnungen auf Schiene gebracht wurde. Es gibt einen Kautionsfonds und auch der Anstieg der Wohnungskosten konnte bei den Gemeindewohnungen eingedämmt werden

Politisch glaubwürdig

Die Menschen in Graz wissen aber auch, dass sie in vielen politischen Fragen auf uns zählen können: Das hat die Auseinandersetzung um Reininghaus gezeigt. Es war auch die KPÖ-Graz, die als einzige Partei das Thema Teuerung und Stopp der Gebührenautomatik aufgegriffen und über 5.000 Unterschriften für dieses Ziel gesammelt hat.
Wir haben mit der Konzentration auf das Thema Wohnen begonnen. In den abgelaufenen Jahren hat die Bevölkerung aber sehen können, dass der kompetente Gemeinderatsklub der Grazer KPÖ bei sehr vielen Themen etwas zu sagen hat. Beispielhaft sei darauf verwiesen, dass die jetzt eingeführte Grazer Sozialcard für Menschen mit geringem Einkommen auf eine Initiative der KPÖ aus dem Jahr 1993 zurückgeht.

Die Erfahrung unserer Arbeit seit Beginn der Neunzigerjahre zeigt, dass wir auf dem Weg zu einer massenwirksamen und anziehenden fortschrittlichen Kraft auf lokaler und regionaler Ebene schon sehr weit gekommen sind. Warum ist das gelungen?

• Wir haben uns zuerst auf ganz wenige Punkte konzentriert. Man scheitert, wenn man zu viel auf einmal erreichen will. Eine kleine Bewegung, die sich verzettelt, wird immer klein bleiben.
• Wir machen eine Politik und eine Öffentlichkeitsarbeit, die den Bedingungen unserer Zeit entsprechen. Dazu gehören auch die Personalisierung und das Nutzen alter und neuer Medien. Wer für uns in der Öffentlichkeit steht, muss auch in einem kurzen Interview unsere zentralen Botschaften durchbringen können.
• Wir fühlen uns nicht als etwas Besseres als die Mehrheit der Bevölkerung. Wer in einer Zeit des Sozialabbaus Boden unter den Füßen bekommen und den Weg zu demokratischem und sozialem Fortschritt öffnen will, der muss die Leute ernst nehmen und ihnen auch im täglichen Leben helfen.
• Wir sind in unseren Aussagen glaubwürdig und machen nach einer erfolgreichen Wahl nichts anderes als wir vorher versprochen haben.

Als ein Gegenmodell zur herkömmlichen Politik sind wir deshalb über Graz und die Steiermark hinaus für viele Menschen interessant geworden. Wir haben versucht, das in der Losung „Glaubwürdigkeit kann man wählen“ zusammenzufassen.

Vielleicht erklärt das die scharfen Reaktionen auf unseren Wahlerfolg. Plötzlich war ich als Person eine „Wölfin im Schafspelz“, unsere Partei wurde für unwählbar erklärt und auch bei den Gesprächen im Rathaus zeigte sich bald, dass es der jetzigen Rathaustroika (VP, SP, FP) vor allem darum ging und geht, den Einfluss der KPÖ einzudämmen.
Wir nehmen das zur Kenntnis und versuchen, unsere Politik und auch die neuen Verantwortungsbereiche (Stadtteilarbeit, Zusammenleben und Bau- und Anlagenbehörde) positiv zu entwickeln. Wir von der KPÖ werden auch in der neuen Funktionsperiode eine konstruktive und konsequente Kraft im Grazer Gemeinderat sein. Wir arbeiten für eine solidarische und soziale Stadtentwicklung. Das ist unser Anspruch und an ihm wollen wir auch gemessen werden.

(Quelle: Steirisches Jahrbuch für Politik 2012)

d

Veröffentlicht: 15. Mai 2013

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