"Lasst Elke Kahr und ihr Team arbeiten!"
Antwort auf Michael Jungwirth - Christian Promitzer
Elke Kahr und die Geschichte der KPÖ: eine Antwort auf Michael Jungwirth
Michael Jungwirth hat am 2. Dezember einen Artikel in der Kleinen Zeitung geschrieben, der das Ziel hat den Leserinnen und Lesern der Kleinen Zeitung die „Wahrheit“ über die KPÖ zu vermitteln. Die negativen Schlagworte, die diesen Artikel begleiten, sind Teil einer Kampagne.
Was ist der praktische Sinn dieser Kampagne? Die Wahlen sind geschlagen und die Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme abgegeben. Elke Kahr und ihr Team haben sich in den letzten fünf Jahren auf vielseitige Weise und durch unermüdlichen Einsatz für MieterInnen und Menschen mit sozialen Problemen Vertrauen erarbeitet, das bei den jüngsten Gemeinderatswahlen in Graz honoriert wurde. Zudem ist die KPÖ ein Garant dafür gewesen, dass die Gemeindewohnungen nicht privatisiert worden sind. Eine wichtige Rolle hat dabei auch der Verzicht auf jenen Teil des Gehalts eingenommen, der über jenes Maß hinausgeht, das von gerecht bezahlten FacharbeiterInnen bezogen wird. Die überschüssige Summe ist von der KPÖ seit den Zeiten von Ernest Kaltenegger, dessen gutem Beispiel Elke Kahr und ihr Team in den letzten fünf Jahren gefolgt sind, in Sozialprojekte investiert worden.
Die von der Kleinen Zeitung begonnene Kampagne soll vorderhand dazu dienen, die KPÖ in den Augen ihrer Wählerinnen und Wähler zu schwächen. In ihrem Grundtenor richtet sich diese Kampagne an die Wählerinnen und Wähler der KPÖ und von Elke Kahr: „Seht, was ihr für einen Wolf im Schafspelz gewählt habt. Erkennt ihr denn nicht, hinter dem Engelsgesicht von Elke Kahr leuchten die Hörner, die spitzen Ohren und die teuflischen Augen des Marxismus hervor.“ Die Erfinder dieser Kampagne gehen dabei vom Grundsatz aus, dass der klassische Antikommunismus aus der Zeit des Kalten Kriegs noch immer Wirkung zeigt. Die Huldigung dieses Prinzips macht sie jedoch angreifbar, da der selektive Griff in die historische Schublade nicht immer durchhaltbar ist.
In dem Artikel von Michael Jungwirth werden dunkle Momente und Entwicklungen aus der Geschichte der KPÖ geschildert, die für sich genommen – Stichwort „moskauhörig“ – durchaus richtig sind. Mit diesen negativen Aspekten ihrer eigenen Geschichte hat sich die KPÖ seit zwei Jahrzehnten in der Tat intern und in der Öffentlichkeit kontinuierlich auseinandergesetzt und wird dies auch weiterhin tun. Demgegenüber schweigt sich der genannte Journalist jedoch darüber aus, dass es vor allem kommunistischen Aktivitäten des Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu verdanken ist, dass Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg als unabhängiger Staat wieder hergestellt worden ist.
Weiters wird in dem Artikel schlichtweg nicht erwähnt, dass es die KPÖ als erste politische Partei war, die schon in den 1930er Jahren das Konzept der österreichischen Nation vertreten hat.
Ansonsten sind zentrale Schlagworte, die den angeblich problematischen Charakter der KPÖ ausmachen sollen, dem derzeit gültigen Landesprogramm der KPÖ entlehnt. Doch die entnommenen Formulierungen sind aus dem Zusammenhang gerissen, und ihnen wird dadurch eine andere Bedeutung verliehen. Hier geht es vor allem um den Zusammenhang von „Sozialismus oder Barbarei“.
Man muss gar nicht die globale Politik und das Elend in der Dritten Welt bemühen, um auch daheim – in Österreich – zu erkennen, dass das Elend und in seinem Gefolge auch die Barbarei im Vormarsch sind. Das in den Medien vielzitierte Beispiel von Familien in Graz, die einfach nicht das Geld aufbringen, um einen Boiler zu reparieren, legt dies offen. Nun meinen diese Stimmen, dass die Ermöglichung einer Reparatur des Boilers, um wieder Warmwasser zum Duschen zu gewähren „nicht Politik“ sei. Jene, die diese brutale Realität fehlenden Warmwassers im Alltag als ein Bild abtun, das nichts mit Politik und vor allem nichts mit ihnen zu tun hat, wollen allerdings auch nicht wahrhaben, dass dieser Prozess längst schon die Mittelschichten erfasst hat, die sie angeblich verteidigen.
Aber gerade diese Mittelschichten sollen in dem Artikel von Michael Jungwirth vor der angestrebten „klassenlosen Gesellschaft“ der KPÖ gewarnt werden.
Er unterstellt mit seinem Bild einer Diktatur a la Nordkorea , dass die steirischen KommunistInnen seit dem Untergang der Sowjetunion nichts dazugelernt hätten . Wenn unter einer klassenlosen Gesellschaft jedoch die Vision eines Gemeinwesens jenseits der gegenseitigen menschlichen, institutionellen und gruppenhaften Ausbeutung verstanden werden mag, wo die Produktionsmittel unter der Kontrolle der Öffentlichkeit sind, so soll über unsere Vorstellungen von einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus diskutiert werden. Die Frage ist nur, ob die bevorstehenden Verhandlungen über die künftige Grazer Stadtregierung dafür der richtige Zeitpunkt und Kontext sind.
Es geht schließlich hier und heute um etwas anderes – nämlich darum, dass Soziales in unserer Gesellschaft nicht untergehen darf. Wir fordern vielmehr: Lasst Elke Kahr und ihr Team arbeiten!
Christian Promitzer
Universitätslehrer und gewählter KPÖ-Bezirksrat in Andritz
Veröffentlicht: 4. Dezember 2012