Graz braucht dringend neue Gemeindewohnungen
Budgetdebatte: Diskussionsbeitrag von Stadträtin Kahr
Stadträtin Elke Kahr
Der Spekulation mit Wohnraum Schranken setzen
Diskussionsbeitrag in der Budgetdebatte des Grazer Gemeinderates, 20. 5. 2008
Als 1998 die KPÖ mit Ernest Kaltenegger das städtische Wohnungsamt übernommen hat, gab es bei den rund 4300 Gemeindewohnungen einen enormen Sanierungsrückstand. Damals gab es noch mehr als 1000 Substandardwohnungen. So wurde z.B. die Triester Siedlung unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Vinzenz Muchitsch gebaut. Seit diese Häuser errichtet wurden, das war Ende der 20er Jahre, also mehr als ein Dreiviertel-Jahrhundert wurden diese Häuser aber nicht mehr saniert.
Die Wohnqualität zu verbessern und somit dem Substandard in unseren Gemeindewohnhäusern ein Ende zu setzen, ist seit damals das erklärte Ziel des städtischen Wohnungsamtes. Auch Familien und Personen mit kleineren Einkommen haben ein Anrecht auf schöne Wohnungen, die dem heutigen Standard entsprechen. Gleichzeitig werden durch die Sanierungen aber auch die Immobilienwertbestände unserer städtischen Wohnhäuser gesteigert und letztendlich langfristig gesichert.
Die Bilanz des städtischen Wohnungsamtes kann sich in den letzten 10 Jahren sehen lassen. 62 Wohnhäuser wurden umfassend saniert. Umfassende Sanierung bedeutet nicht nur die Fassade anzustreichen oder ein Dach zu erneuern. Umfassende Sanierung bedeutet den Einbau von großzügigen Sanitäranlagen, den Einbau von Zentralheizungsanlagen (in erster Linie Fernwärme), den Austausch von Fenstern durch Lärmschutzfenster, Türen, Parkettböden, thermische Sanierung, Balkonanbauten, der Gestaltung von Außenanlagen (wie Kinderspielplatz, Parkplatzgestaltung, Müllbereich), sowie bei Zustimmung der Mieter/innen auch den Anbau von Liftanlagen.
Allein in der Triestersiedlung wurden so bei 28 Wohnhäuser davon 26 im nördlichen Muchitsch Block die Sanierung erfolgreich abgeschlossen. Neben der spürbaren Anhebung der Wohnqualität für unsere BewohnerInnen konnte dadurch vor allem eine bessere soziale Durchmischung erreicht werden.
ERfolgreichen Weg weitergehen
Diesen erfolgreichen Weg werden wir mit Hilfe der Wohnbaufördermittel des Landes auch im Jahr 2008 weitergehen. Der Schwerpunkt in diesem Jahr ist im Bezirk Jakomini, wo wir die städtischen Wohnhäuser am Schönaugürtel 58, 60 und 62 (welche im Jahr 1929 erbaut wurden) vom Substandard befreien. Durch Lift- und Balkonanbauten, sowie dem Einbau von Lärmschutzfenstern für die lärmgeplagten Bewohner am Schönaugürtel werden diese 3 Wohnhäuser, künftig zu schönen und modernen Altbauwohnungen der Kategorie A, saniert.
Lärmgeplagt sind vor allem auch die BewohnerInnen an der Triesterstraße. Deshalb und auch aus energiesparende Maßnahme werden in weiteren 6 städtischen Wohnhäusern in der Triesterstraße Lärmschutzfenster eingebaut.
Um vor allem den gestiegenen Bedarf an größeren Wohnungen für Mehrkindfamilien entgegenzukommen, werden wir auch in diesem Jahr mit Hilfe von Wohnbaufördermittel Wohnungszusammenlegungen vornehmen.
Das waren nur einige Beispiele unserer Sanierungsvorhaben. Alle anderen finden sie in den Budgetschwerpunkten des städtischen Wohnungsamtes, welche ich allen Fraktionen hier im Hause schriftlich zugesandt habe.
Dort wo wir nicht umfassend sanieren können, weil die Haussubstanz in Ordnung ist, bauen wir Nasszellen ein und verbessern so die Ausstattung der Wohnungen. 684 Wohnungen wurden seit 1999 mit Nasszellen ausgestattet. Auch in diesem Jahr wird dieses Programm fortgesetzt.
Immer wichtiger für unsere Bewohner/innen aber auch als wertvoller Beitrag zur Reduzierung der Feinstaubemission ist der Einbau von Fernwärmeheizungen, welche bei den umfassenden Sanierungen obligatorisch eingebaut werden.
Zusätzlich jedoch gibt es seit letztem Jahr das Fernwärmeeinbauprogramm. In diesem Jahr haben wir die Mittel dafür erfreulicherweise erhöhen können.
Ich habe Sie jetzt mit sehr vielen Zahlen im Zusammenhang mit unserem Sanierungsprogramm konfrontiert und das wird den meisten wahrscheinlich sehr nüchtern vorkommen. Hinter all diesen Zahlen steckt aber viel Arbeit. Nur wer den Zustand unserer Gemeindewohnungen gekannt hat und wer sich mit diesem Bereich beschäftigt hat, weiß über das Ausmaß an Arbeit, das hier in den letzten Jahren bewältigt wurde, Bescheid.
Unzählige Hausversammlungen und hunderte von Einzelgesprächen mit Mietern sind dabei notwendig. Und man braucht vor allem viel Einfühlungsvermögen und vor allem soziales Verständnis, damit jeder Mieter und jede Mieterin die Abläufe gut verstehen kann, keine Information und kein Wunsch verloren geht und vor allem so wenig wie möglich Belastung da ist. Besonders für diese Arbeit möchte ich mich bei meinen MitarbeiterInnen am städtischen Wohnungsamt besonders bedanken.
Zusätzliche Leistungen des Wohnungsamtes:
In den städtischen Gemeindewohnungen zahlen die Mieter durchschnittlich um 43 % weniger Miete als der steirische Richtwertzins erlauben würde. Trotzdem sind vor allem für die Mieter in den sogenannten Übertragungswohnbauten, wo das städtische Wohnungsamt nur das Einweisungsrecht hat, die Wohnungskosten für die geringen Einkommen oft zu hoch. Deshalb gibt es am städtischen Wohnungsamt zusätzlich zur Wohnbeihilfe des Landes eine Mietzinszuzahlung. Diese Mietzinszuzahlung garantiert, dass niemand mehr als ein Drittel seines Haushaltseinkommens für die Wohnung ausgeben muss. Allein letztes Jahr wurden 1654 Mietzinszuzahlungen bewilligt.
Seit November letzten Jahres haben wir am Wohnungsamt auch einen sogenannten Kautionsfond eingerichtet. Das heißt, wenn einer Familie oder einer Person nach Ablauf der Wartezeit keine entsprechende Gemeindewohnung angeboten werden kann, übernimmt das Wohnungsamt unter bestimmten Voraussetzungen die Kaution, in Form einer Bürgschaft gegenüber privaten Hausverwaltungen. Auch für das heurige Jahr konnte eine Budgetierung dieses Fonds durch das Wohnungsamt sichergestellt werden.
Wohnungsneubau dringend notwendig
Eine sehr ernste und kritische Situation herrscht bei der Wohnbautätigkeit. Zwar wurden im Zeitraum 2004 bis 2007 437 Wohnungen fertig gestellt. Die Grundstücksankäufe für diese Wohnungen wurden jedoch vor 1995 getätigt.
Seit 1995 wurden von den dafür zuständigen Kollegen und das war nicht die KPÖ lediglich 3 neue Grundstücke durch die Liegenschaftsabteilung bzw. GBG für die Errichtung von Gemeindewohnungen angekauft.
Bei diesen Grundstücken handelt es sich um die Raiffeisenstraße 186 (wo heuer im Juni 23 Wohnungen übergeben werden) um das Projekt Münzgrabenstraße/Jauerburggasse, welches 2007 von der GBG angekauft wurde und ca. 100 Wohnungen frühestens 2010 übergeben werden können, und um die Zeillergasse 100, wo für 16 Wohnungen letztes Jahr ein Grundstück von den Wirtschaftsbetrieben angekauft wurde und für weitere 26 Wohnungen ein angrenzendes Grundstück in diesem Jahr angekauft werden soll.
Hinzu kommen noch 13 Wohnungen die durch Aus- und Zubau von bestehenden Gemeindewohnhäusern in der Eggenberger Allee und in der Robert Fuchsstraße, erfolgen werden.
Alles in allem ist das viel zu wenig. Seit 10 Jahren weisen wir auf diese Problematik hin. Bisher sind wir dabei immer auf taube Ohren gestoßen. Die KPÖ ist dem Kapitel Wohnen im Koalitionspapier von ÖVP und Grünen unter anderem auch deshalb beigetreten, weil darin erstmals das gemeinsame Ziel formuliert wird, mindestens 500 neue Gemeindewohnungen in den nächsten Jahren fertig zu stellen. Weiters verlangen wir aber endlich auch entschlossene Initiativen um die vom Gemeinderat einstimmig unterstützte Forderung zur Errichtung von Gemeindewohnungen auf dem Areal der Hummel-Kaserne.
Auch wenn von Seiten des Stadtrates Rüsch die Bereitschaft gegeben ist, hier künftig initiativer zu werden, möchte ich auf einen Umstand aufmerksam machen. Die Erfahrung zeigt, dass vom Ankauf eines Grundstückes bis zur Fertigstellung in der Regel 3 Jahre vergehen. Um den Bedarf an Gemeindewohnungen künftig abzudecken muss noch in diesem Jahr für die nötige Grundstücksbevorratung gesorgt werden. Ich habe mir den Beitrag von Stadtrat Rüsch zur Einbegleitung des Budgets sehr genau angehört, aber bei seinen vielen Schwerpunkten ist das Thema Wohnen nicht als Schwerpunkt vorgekommen.
Dieses Thema darf aber nicht halbherzig angegangen werden. Nur ein breites soziales Wohnungssegment kann zur gesellschaftlichen Stabilisierung beitragen.
Nur wenn in einer Gemeinde genügend leistbarer Wohnraum vorhanden ist, besteht die Chance, der Spekulation mit Wohnraum Schranken zu setzen und nur so kann eine preisstabilisierende Funktion ausgeübt werden. Unserer Stadt sollen negative soziale Entwicklungen erspart bleiben. Das sind wir unseren Bewohnern schuldig. Viele europäische Städte welche die Wohnungspolitik dem freien Markt überlassen haben und kommunale Wohnungen sogar verkauft haben, treiben die soziale Spaltung voran, und sind letztendlich mit noch viel höheren sozialen Folgekosten konfrontiert.
Siedlungs- und Gebietsbetreuung
Zum Schluss möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der mir sehr wichtig ist und der für den sozialen Zusammenhalt und Frieden in unserer Stadt von Bedeutung ist. Das Zusammenleben von Menschen in Wohnhausanlagen bringt unterschiedliche Probleme mit sich. Deshalb ist die von uns schon mehrmals angesprochene und ebenfalls im Kapitel Wohnen erwähnte Siedlungs- oder Gebietsbetreuung so wichtig.
Von Seiten des städtischen Wohnungsamtes gibt es hier größte Bereitschaft zur Mitarbeit. Von uns aus soll dieses Vorhaben nicht scheitern, ganz im Gegenteil. Kurz nach der Konstituierung des Gemeinderates haben wir sogar 2 Lokalitäten angeboten, die sich für eine künftige Siedlungs- bzw. Gebietsbetreuung eignen würden. Leider hat das städtische Wohnungsamt nicht die budgetären Mittel um hier selbst tätig zu werden. Für jede Verbesserung läuft man aber bei uns offene Türen ein.
Abschließend möchte ich mich für die gute Zusammenarbeit bei allen Genossenschaften und bei der GBG bedanken, hoffe auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern des Wohnungsvergabeausschusses und bedanke mich vor allem auch an dieser Stelle bei Herrn LR Seitinger und seinen Mitarbeitern für die bereits geleistete und auch für die weitere Unterstützung bei unseren Vorhaben.
Mein besonderer Dank gilt aber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am städtischen Wohnungsamt, die wie schon zu Beginn erwähnt eine großartige Arbeit leisten, vor allem aber Dr. Norbert Wisiak, dessen Erfahrung, Umsicht und großes Wissen, nicht nur für mich, sondern vor allem für die Stadt Graz eine große Bereicherung ist.
Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sozialamt, welche für die barrierefreien Wohnungen zuständig sind, beim Leiter des Sozialamtes Mag. Wippel und vor allem bei den engagierten Sozialarbeitern.
Veröffentlicht: 30. Mai 2009