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"...gelegentlich lieblos, stolz, überheblich oder selbstgerecht"

Leserbrief an die Kleine Zeitung

Ein Leserbrief an die Kleine Zeitung zur Berichterstattung über die Pressekonferenz, in der Elke Kahr und Ernest Kaltenegger über 19 Jahre Bilanz zogen, in denen die KPÖ für das Wohnungsressort in Graz verantwortlich war. Nun ist es bekanntlich zur FPÖ gewandert.

Die Kritik Kalteneggers erinnert stark an die Kritik Jesu an den Pharisäern, z.B. Lukas 11: 37-54: „Gebt den Bedürftigen, was ihr in eurer Habgier zusammenrafft! … Die Gerechtigkeit und die Liebe Gottes vergesst ihr!“ Indem die ÖVP gelegentlich lieblos, stolz, überheblich oder selbstgerecht wirkt, kann sie mit den damaligen jüdischen Schriftgelehrten verglichen werden -- einer gesellschaftlich-religiösen Elite, mit der Jesus immer wieder Grundprobleme der Ethik diskutierte. Letztlich hat er sie scharf kritisiert, was bekanntlich zu seinem Tod geführt hat.
 
Wie viele andere sogenannte „Kommunisten“, die mit dem Christentum vermutlich nichts zu tun haben, verhält sich Kaltenegger so, als wäre Jesus sein Vorbild. Man könnte sogar behaupten, er gehöre zu den wenigen aufrichtigen ChristInnen – zu denjenigen, die den Mut haben, im Interesse der Unterdrückten die Wahrheit auszusprechen. Er setzt die Idee einer Nächstenliebe um, indem er sich zusammen mit ähnlich agierenden MitstreiterInnen tatkräftig um die Armen und die Kranken kümmert. Er enttarnt die Scheinheiligkeit der Reichen. Er selbst verzichtet auf Privileg und Luxus. Er glaubt an eine faire Gesellschaft und versucht andere zu überzeugen, dass so etwas wirklich möglich ist. Ähnliches gilt auch für andere Grazer „KommunistInnen“, vor allem für Elke Kahr.
 
Ich bin vielleicht etwas blauäugig aber ich glaube trotz allem an einen fairen, ehrlichen Kapitalismus ohne Armut. Dieses alte Ziel scheinen die ÖVP und die anderen Mitte-Rechts-Parteien auf der Welt vergessen zu haben. Doch solange es Armut gibt, kann der Kapitalismus nie als gerecht betrachtet werden. Die „christliche“ ÖVP hätte zumindest die Möglichkeit, nicht nur zu sagen, dass sie Christus als Vorbild nimmt, sondern dies auch tatsächlich zu zeigen.
 
Dr. Richard Parncutt, Graz

Veröffentlicht: 14. April 2017

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