Gefährliches Spiel mit der Pflegeversicherung
Solidarische Pflege oder Finanzcasino – das ist der Unterschied zwischen Pflichtversicherung oder Versicherungspflicht.
Pflichtversicherung vs. Versicherungspflicht – es ist ein Verwirrspiel der Begrifflichkeiten beim Thema Pflege, in dem sich viele Menschen nicht zurechtfinden. „Das ist ein beinharter Interessenskampf: Auf der einen Seite die Mehrheit der Menschen, die sich Gedanken machen, ob sie im Alter pflegerische Leistungen in Anspruch nehmen können, auf der anderen Seite Versicherungskonzerne, die Gewinne wittern“, sagt der Grazer Stadtrat für Gesundheit und Pflege, Robert Krotzer.
Worin bestehen die Unterschiede?
Pflichtversicherung:
Alle Versicherten – unabhängig von ihrem persönlichen Risiko – haben Anspruch auf Pflege.
Die Pflichtversicherung schafft – gleich wie bei der Sozialversicherung – Solidarität zwischen den unterschiedlichen Risikogruppen: jung und alt, reich und arm, gesund und krank. Durch die Beitragszahlungen der besser Verdienenden und Unternehmen werden auch Leistungen an wirtschaftlich schlechter Gestellte gedeckt. Gesunde und Junge brauchen in der Regel weniger Leistungen als Alte und Kranke. Durch diesen Ausgleich können die Sozialversicherungsträger gleiche Leistungen für alle Versicherten anbieten. Wie bei der Krankenversicherung spielen Gewinninteressen von Versicherungskonzernen keine Rolle.
Versicherungspflicht:
Wie bei einer Autoversicherung müssen sich die Menschen um die Versicherung selbst kümmern. Wer älter oder in einem harten Beruf arbeiten, muss höhere Prämien zahlen. „Wie soll eine durchschnittlich verdienende 50-Jährige ausreichend einzahlen können, um im Fall des Falles den vollen Leistungsumfang in Anspruch nehmen zu können?“, fragt Krotzer.
Die Tarifgestaltung wird unübersichtlich und vieles im „Kleingedruckten“ geregelt sein. In vielen Verträgen könnten auch „Risikoausschlüsse“ verankert sein, die die Leistungspflicht der Versicherungen aufheben.
Die großen Player im Versicherungsbusiness sind zudem an der Börse höchst aktiv, warnt man bei der KPÖ. „Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite herrscht im Finanzcasino wieder Hochbetrieb. Die Pflege darf solchen Spielchen nicht ausgeliefert werden“, betont Krotzer.
Dass Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) vor seinem Wechsel in die Politik Vorstandsvorsitzender eines der größten österreichischen Versicherungskonzerne war, lässt bei Krotzer jedenfalls die Alarmglocken schrillen. „Politiker und Politikerinnen sollten den Menschen verpflichtet sein – und nicht der Finanzindustrie“, so der Kommunist.
Veröffentlicht: 24. September 2018