Franz Leitner - Ein Gerechter unter den Völkern
Dem Leben von Franz Leitner hat Heimo Halbrainer ein Buch gewidmet. Über die Geschichte der Rettung der Kinder im KZ Buchenwald hinaus wird in dem Buch das Leben des 1918 geborenen Franz Leitner von den ersten politischen Aktivitäten in den 1930er-Jahren über den Widerstand gegen Austrofaschismus und Nationalsozialismus bis hin zu seiner Tätigkeit nach 1945 als Vizebürgermeister von Wiener Neustadt und Landtagsabgeordneter in der Steiermark nachgezeichnet.
Franz Leitner wurde am 12. Februar 1918 in Wiener Neustadt geboren und trat dort bereits in jugendlichem Alter dem Kommunistischen Jugendverband bei. Aus diesem Grund wurde er bereits 1936 politisch verfolgt und bis ins Jahr 1937 wie viele andere Linksoppositionelle im austrofaschistischen Anhaltelager Wöllersdorf inhaftiert.
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 1. September 1939, wurde Leitner verhaftet und ins KZ Buchenwald deportiert, in dem er am 7. September 1939 registriert wurde. Seine Häftlingsnummer war 4046.
Dort, in der „Hölle am Ettersberg bei Weimar“, versuchte eine internationale Widerstandsorganisation den Häftlingen ihren Alltag im Konzentrationslager erträglicher zu gestalten. So initiierten die Mitglieder dieser Widerstandsorganisation zusammen mit den Lagerältesten den so genannten „Kinderblock“ in der Baracke Nr. 8. Für diesen wurde Leitner im Jahr 1943 zum Blockältesten bestimmt.
Bis zu 400 Kinder aus Russland, der Ukraine und aus Polen wurden diesem Block zugeteilt. Sie hungerten, wurden durch die Lager-SS schikaniert und besaßen nicht einmal die lebensnotwendigsten Dinge.
Leitner versuchte, zusammen mit anderen Häftlingen, diesen Kindern und Jugendlichen zu helfen. Sie organisierten Lebensmittel, führten sie den „leichteren“ Arbeitskommandos zu und beschützten sie so gut sie konnten vor den willkürlichen und harten Strafen der Lager-SS.
Ab Juni 1944 kamen immer mehr jüdische Kinder und Jugendliche aus dem Osten ins Lager. Ein beträchtlicher Teil von ihnen wurde von Franz Leitner und seinen Mitstreitern in den Block 8 überführt, wo sie keinen David-Stern auf ihrer Kleidung tragen mussten. Sie waren dadurch nicht als Juden zu erkennen und konnten schlussendlich den so genannten Evakuierungstransporten, die den sicheren Tod für alle bedeuteten, die diesen zugeteilt wurden, entkommen und überleben.
Anfang April 1945 erging der Befehl durch die Lager-SS, dass 46 Häftlinge, darunter auch Leitner, den man als führendes Mitglied der illegalen Widerstandsgruppe vermutete, beim Lagertor anzutreten hatten. Er versteckte sich daraufhin in der sogenannten Seuchenbaracke und entging dadurch einer womöglich tödlichen Bestrafung.
Am 11. April 1945 verließen die SS-Mannschaften schließlich sukzessive das Lager. Franz Leitner war nun ebenfalls unter den Gefangenen, die das Lager und sich aus der Herrschaft der Nazi-Schergen befreien und tatsächlich über 200 SS-Männer festsetzen und der 3. US-Armee übergeben konnten.
Im sogenannten „Kinderblock“ befanden sich zu diesem Zeitpunkt fast 400 Jugendliche und Kinder, darunter auch der spätere aschkenasische Großrabbiner des Staates Israel und gegenwärtige Oberrabbiner der Stadt Tel Aviv, Israel Meir Lau. Mit ein Grund, warum Franz Leitner im Jahr 1999 als einer von heute 92 Österreicher:innen die höchste Auszeichnung erhalten hat, die Israel an Ausländer:innen zu vergeben hat und die ihn als „Gerechten unter den Völkern“ ehrt.
Im Mai 1945 kehrte Franz Leitner nach Wiener Neustadt zurück und wurde dort Bezirkssekretär der KPÖ. 1946 wurde er zum Vizebürgermeister gewählt und erhielt 1950 einen Sitz im Stadtrat. Im Jahr 1953 führte ihn sein Weg schließlich nach Graz, zuerst als Landessekretär und von 1958 bis 1979 als Landesparteivorsitzender der steirischen KPÖ. Von 1961 bis 1970 fungierte er als Abgeordneter zum Steiermärkischen Landtag.
Leitner blieb noch lange Zeit politisch aktiv. Ob als Landesobmann des Zentralverbandes der Pensionisten oder als Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes der ehemaligen österreichischen Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus (KZ-Verband) er war stets bereit, sich für seine Überzeugung einzusetzen.Bis ins hohe Alter gab er sein Wissen und seine Erfahrungen als Zeitzeuge besonders in der Aufklärung Jugendlicher über den Rechtsextremismus weiter.
Am 20. Oktober 2005 starb Franz Leitner im Alter von 88 Jahren.
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Veröffentlicht: 9. Juni 2023