Elke Kahr: Für Gemeindewohnungen auf den Reininghausgründen
Rede in der Sondersitzung des Grazer Gemeinderates
Stadträtin Elke Kahr (KPÖ)
Ein nüchterner Blick auf die Entwicklung in Sachen Reininghaus-Gründe
Diskussionsbeitrag im Rahmen der außerordentlichen Gemeinderatssitzung, 13. 1. 2011
Zwei Gründe waren für uns wesentlich, um an der heutigen Sondersitzung des Gemeinderates festzuhalten. Es geht um die Information des Gemeinderates und der Öffentlichkeit über die neue Situation im Zusammenhang mit den Reininghausgründen – und es geht darum sicherzustellen, dass alle politischen Kräfte in dieser Stadt und die AktivbürgerInnen in Zukunft ihre Vorschläge im Zusammenhang mit diesem Projekt einbringen können.
Wer die Grazer KPÖ kennt, der weiß, dass wir nicht darum wetteifern, wer den schärfsten und medientauglichsten Sager von sich gibt, oder wer sich durch persönliche Angriffe am meisten profiliert.
Uns geht es auch bei den Reininghausgründen um die Sache. Wie kann auf diesem Areal eine soziale und ökologische Stadtentwicklung in Gang gesetzt werden? Daran ist alles zu messen, was dort geschieht oder auch nicht.
Am vergangenen Wochenende ist eine große Illusion der Rathauskoalition an der Realität unserer Gesellschaftsordnung zerschellt. Die Stadt Graz wird die Reininghausgründe nicht kaufen, sie kann nicht selbst als Investor auftreten, um dieses Gebiet zu entwickeln. Die Stellungnahmen von Bürgermeister Nagl oder Stadtrat Rüsch aus den vergangenen Monaten sind hinfällig geworden.
Die KPÖ hat sich in dieser Zeit die Entscheidung nicht leicht gemacht. Auf den ersten Blick ist es nämlich für eine Partei wie die unsere verlockend, wenn die öffentliche Hand als Eigentümerin eines Stadtentwicklungsprojektes von diesem Ausmaß auftreten will. Aber schon der zweite Blick hat gezeigt, dass das finanzielle Risiko für unsere hoch verschuldete Stadt die möglichen Vorteile bei weitem überstiegen hätte. Wer der Bevölkerung auf der einen Seite ein beinhartes Belastungsprogramm zumutet, kann bei Großprojekten nicht wie der Krösus aus der Operette auftreten, der mit Geld, das er nicht hat, nur so herumschmeißt. Die zusätzliche finanzielle Belastung hätte auch die Entwicklung anderer Stadtteile zumindest verlangsamt.
Deshalb hat unsere Klubobfrau Ina Bergmann am 20. Mai 2010, als wir gegen den Grundsatzbeschluss zum Kauf von Asset One gestimmt haben, erklärt: „Unter den heutigen Rahmenbedingungen muss man aber an der Machbarkeit des Projektes Zweifel hegen“.
Sie hat kostenträchtige Großprojekte der Stadt, die bereits beschlossen sind, erwähnt: Nahverkehrsdrehscheibe, Bad Eggenberg, oder Zuschussbetriebe wie die Grazer Messe.
Wir haben unsere Haltung seither nicht geändert.
Für Gemeindewohnungen auf den Reininghausgründen
Aus diesem Grund sehen wir die jetzt eingetretene Entwicklung nüchtern. Eine private Immobilienentwicklungsfirma ist bereit, das gesamte Areal zu kaufen. Anscheinend kommt es vorerst zu keiner Filettierung der Grundstücke. Dass diese Firma vom Karmeliterorden beeinflusst wird und Petruswerk heißt, ändert nichts daran, dass sie auf dem Markt genauso agieren muss wie andere Immobilienfirmen, die von Banken, Versicherungen oder Hedgefonds geführt werden.
Wir haben deshalb gegenüber dem Herrn Dr. Fernando weder besonders positive noch besonders negative Gefühle. Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, wie sich diese Entwicklung auf unsere Stadt auswirken wird.
Der im Februar 2010 einstimmig beschlossene Rahmenplan Stadtentwicklung Reininghaus gibt der Stadt die Handhabe dafür, ihre Interessen auch einzubringen und durchzusetzen. In diesem Rahmenplan ist auch die Forderung nach kommunalem Wohnbau auf diesem Areal enthalten.
Deshalb nutze ich die heutige Sitzung für einen Appell an den neuen Eigentümer. Nach eigenen Angaben verwendet er den Erlös aus seinen manchmal höherpreisigen Wohnprojekten in Deutschland und Österreich für die Finanzierung von Projekten in der dritten Welt. Er könnte auch bei uns in Graz sein soziales Gesicht zeigen und der Stadt Grundstücke für den kommunalen Wohnbau auf dem Areal der Reininghausgründe kostengünstig zur Verfügung stellen. Es wäre dabei sehr wichtig, dass der gesamte Gemeinderat dieses wichtige Anliegen unterstützt.
Soziale Stadtentwicklung im Vordergrund
Schließlich haben wir gerade auf dem Gebiet des kommunalen Wohnbaus in den schwierigen Jahren seit 2008 im Zusammenwirken von Wohnungsamt, Liegenschaftsabteilung und Finanzabteilung positive Ergebnisse erzielt, die wir bald gemeinsam vorstellen werden. Auch das Gebiet auf dem Areal der Hummelkaserne wird für den sozialen Wohnbau entwickelt werden, obwohl sich der Bürgermeister noch in der Gemeinderatssitzung am 25. 2. 2010, in der wir den Rahmenplan beschlossen haben, noch sehr skeptisch darüber geäußert hat, ob der Bund dieses Grundstück überhaupt noch verkaufen wollte.
Jetzt geht es darum, das Areal auf der Hummelkaserne mit Gemeindewohnungen und anderen Einrichtungen so zu entwickeln wie wir das gemeinsam vorgesehen haben. Es wäre nicht förderlich, Pläne und Visionen, die man für das gesamte Reininghaus-Areal gehabt hat, jetzt dort sozusagen auszuprobieren. Die soziale Stadtentwicklung sollte doch im Vordergrund stehen. Schließlich haben weit über 10.000 Grazerinnen und Grazer mit ihrer Unterschrift Gemeindewohnungen auf Kasernengrund gefordert, die sich die Leute auch leisten können.
Zum Abschluss: Wir wollen nicht, dass es in Graz Stadtviertel für Reiche und Stadtviertel für Arme gibt, wir sind für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung in allen Grazer Stadtteilen, vor allem in jenen, die besonders benachteiligt sind. Das Wohnungsamt wird wie bisher auch weiterhin seinen Beitrag dazu leisten.
Veröffentlicht: 13. Januar 2011