Gemeindewohnungen als Wahlkampfthema in Graz
Die FP hetzt mit allen Mitteln
Gemeindewohnungen in Graz schauen aus wie Bastionen des Islamischen Staates. Finstere Gestalten und vollverschleierte Frauen lassen „unsere Leute“ nicht mehr hinein. Und das alles nur, weil die KPÖ-Vizebürgermeisterin Elke Kahr eine Schutzpatronin aller Fremden ist. Nur die FP kämpft dagegen an.
Das ist die Erzählung, mit der die Strache-Partei die bevorstehende Gemeinderatswahl in Graz gewinnen will. Und so ist auch ein Flugblatt gestaltet, das massenhaft verteilt wird.
Die Blauen haben in der KPÖ ihre Hauptgegnerin gefunden und können mit ihrer Kampagne an weitverbreitete Stimmungen in der Bevölkerung anknüpfen. Ob sie damit Erfolg haben werden, das werden die kommenden Wochen zeigen. In Graz gibt es nämlich eine Besonderheit. Die KPÖ ist seit 1998 für die städtischen Wohnungen zuständig. Hier wird deshalb die Auseinandersetzung zwischen fortschrittlichen Kräften und der FP im Gemeindebau in der täglichen Praxis geführt und in der Diskussion mit den Menschen selbst, die dort wohnen.
- In Graz gibt es 11.500 Gemeindewohnungen.
- Seit 2010 sind pro Jahr 700 Wohnungen zugewiesen worden.
- 68 Prozent davon, also gut zwei Drittel, an Österreicher,
- 16 Prozent an Menschen mit einer Daueraufenthaltsberechtigung - dazu zählen etwa Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien.
- Elf Prozent sind EU-Bürger;
- fünf Prozent der Wohnungen gingen an Asylberechtigte.
Die Vergabe erfolgt nach einem Punktesystem, das politische Einflussnahme ausschließt und um soziale Gerechtigkeit bemüht ist. Es diskriminiert nicht und entspricht den Vorgaben der EU. Die Migrationsströme der letzten Jahre spiegeln sich auch in den Gemeindewohnungen wieder.
Hier hakt die FP ein: Sie fordert in einer Unterschriftenaktion die Bevorzugung „gebürtiger Österreicher“ vor allen anderen und behaupten, „dass sozial bedürftige Österreicher die Zeche für die unkontrollierte Zuwanderung der letzten Monate und Jahre zahlen“ würden.
Das alles kommt einem bekannt vor; nicht erst seit Monaten, sondern seit vielen Jahrzehnten.
Elke Kahr: „Die Übernahme der als Beispiel genannte Regelung in der FP-regierten Stadt Wels würde bedeuten, dass auch Österreicher 5 Jahre lang auf Gemeindewohnungen warten müssten. Der FPÖ geht es in dieser Frage ja nicht um eine seriöse Lösung. Da geht es in Wirklichkeit nur um das Dauerthema Ausländer, was ja bei allem herangezogen wird.“
Mit Oktober 2016 gab es 1.900 vorgemerkte Ansuchen um eine Gemeindewohnung in Graz, die den Vergaberichtlinien entsprechen. Zwischen 9 und 24 Monaten dauert die Wartezeit für eine Gemeindewohnung, Notfälle können sogar innerhalb von vier Monaten wohnversorgt werden.
Zwischen 1.600 und 2.200 positive Vormerkungen für eine Gemeindewohnung gibt es jährlich. Zwischen 550 und 750 Wohnungen werden pro Jahr zugewiesen. Auf der Warteliste stehen derzeit ca. 1.900 Personen. Durch die Neubauprojekte der letzten Jahre ist es gelungen, diese Zahl konstant zu halten.
Dass mehr Geld in den kommunalen Wohnbau investiert wird, ist für Kahr ein Gebot der Stunde. „Es braucht einfach viel mehr leistbaren Wohnraum. Und dafür kann nur die öffentliche Hand sorgen.“. Schon in den letzten Jahren ist es gelungen, leistbaren Wohnraum zu schaffen und die Wartezeiten für alle zu verkürzen.. Dieser Weg soll fortgesetzt werden. Die FP sieht darin Gemeindewohnungen „nur für Asylanten“.
Probleme nicht leugnen
Ohne Probleme geht das Zusammenleben so unterschiedlicher Personengruppen im Gemeindebau aber nicht ab. Deshalb hat die KPÖ in ihrer Verantwortung für die Stadtteilarbeit sehr viel investiert, um Konflikte schon im Ansatz zu entschärfen.Ein großer Teil der Arbeit von Elke Kahr besteht auch in der Konfliktlösung vor Ort. Das hat ihr bei Gemeindemieterinnen und Mietern großes Ansehen gebracht, die ursprünglich sehr skeptisch gegenüber den „Fremden“ waren.
Elke Kahr: „Wenn wir den Menschen die Existenzangst nehmen, dann gibt es für alle von uns mehr Sicherheit. Diese Kleinarbeit fordert viel Kraft. Ich habe in vielen Gesprächen gemerkt, dass diese Haltung letztlich verstanden wird. Deshalb habe ich Hoffnung darauf, dass Mitmenschlichkeit am Ende stärker sein wird als der Hass.“
Genau darum geht es in den kommenden Wochen.
Veröffentlicht: 7. November 2016