„Der Endkampf gegen die blutige Nazityrannei“
Die Befreiung von Graz 1945. Von Heimo Halbrainer
In den letzten Wochen des nationalsozialistischen Regimes tauchten in Graz an verschiedenen Stellen Flugblätter der „Steirischen Kampfgemeinschaft“ auf, in denen u.a. die Soldaten und Volkssturmmänner zur Desertion und zum Anschluss an die Kampfgemeinschaft aufgerufen wurden. In einem Flugblatt hieß es: „Der Endkampf gegen die blutige Nazityrannei hat begonnen und wir wollen unseren Brüdern in Wien und Niederösterreich durch Taten zeigen und beweisen, dass wir in diesem heiligen Freiheitskampf für unser Land und unser Volk hinter ihnen nicht zurückstehen. Volk von Graz! Steh auf zum letzten und höchsten Kampf für die Freiheit unseres Landes und Volkes!“
Dieser Ende des Jahres 1944 rund um den Kommunisten Ferdinand Kosmus und Hans Müller, den Sohn des Besitzers des Kaufhauses „Moden Müller“, im Keller des Geschäftslokals in der Murgasse gegründeten Widerstandsgruppe war es im Frühjahr 1945 gelungen, Kontakte zu Oppositionellen in alle großen Grazer Betriebe herzustellen. Zudem nahmen sie Verbindung zum Grazer Stadtkommandanten Oberst Oskar Leonhard auf, um ihn zu überzeugen, keinen sinnlosen Abwehrkampf mehr zu führen, der nur in einer totalen Zerstörung der Stadt geendet hätte. Es gelang ihnen in der Folge auch, die Sprengladungen bei den Brücken über die Mur zu entfernen, sodass der auf Zerstörungsmaßnahmen abzielende sog. „Nero-Plan“ der Nazis nicht verwirklicht wurde.
Nachdem der steirische Gauleiter Sigfried Uiberreither am 7. Mai 1945 Graz verlassen und die Amtsgeschäfte Armin Dadieu übergeben hatte, trafen sich in Eggenberg führende Vertreter aus den unterschiedlichen politischen Lagern. Gemeinsam marschierten am 8. Mai die Sozialdemokraten Reinhard Machold, Engelbert Rückl und Alois Rosenwirth mit dem Kommunisten Ditto Pölzl und den beiden Christlichsozialen Karl Kober und Arthur Josl ins Rathaus und forderten den Rücktritt des Oberbürgermeisters. In die Gespräche um die Bildung der neuen Regierung kamen die Kommunisten Alfred Marchl, Viktor Elser und Ferdinand Kosmus bewaffnet mit den Männern der „Steirischen Kampfgemeinschaft“. Diese wurden sofort in den Dienst zur Sicherung der Straßen gestellt, womit die Männer der Kampfgemeinschaft noch vor dem Einmarsch der Roten Armee die erste Polizei in Graz stellten. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen kam aus Wien der Zentralsekretär der KPÖ Friedl Fürnberg nach Graz und verhandelte am 9. Mai gemeinsam mit den Sowjets und Vertretern der SPÖ und ÖVP über eine Regierungsbeteiligung der KPÖ. Die Landesregierung und die Grazer Stadtregierung wurden daraufhin wie die Provisorische Regierung in Wien drittelparitätisch zusammengesetzt. Landeshauptmann wurde der Sozialist Reinhard Machold, seine beiden Stellvertreter waren Alois Dienstleder von der ÖVP und Viktor Elser – zuständig für Gemeinden und Krankenanstalten – von der KPÖ. Zudem stellte jede Partei zwei Landesräte. Für die KPÖ waren dies Ditto Pölzl, der für Kultur und das Schulwesen zuständig war, und Raimund Bachmann, Landesrat für die soziale Verwaltung.
Für die Stadt Graz wurde eine ähnliche Zusammensetzung beschlossen, wobei auch hier die SPÖ mit Eduard Speck den Bürgermeister stellte, während die beiden anderen Parteien jeweils einen Vizebürgermeister hatten. Für die KPÖ war dies der Widerstandskämpfer Johann Janeschitz, der das Fürsorgereferat leitete. Die beiden Stadträte waren das Mitglied der „Steirischen Kampfgemeinschaft“ Josef Kovacic, der für das damals heikle Thema Wohnungswesen, und Ing. Franz Huihammer, der für das Bauwesen zuständig war. Diese Zusammensetzung der Regierung in Graz blieb bis zu den Wahlen im November 1945 bestehen.
Heimo Halbrainer
Anlässlich des 70jährigen Jubiläums der Befreiung vom Faschismus veranstaltet der KPÖ-Bildungsverein gemeinsam mit der Alfred-Klahr-Gesellschaft das Symposium Widerstand – Befreiung – Wiederaufbau
Nähere Infos hier: http://bildungsverein.kpoe-steiermark.at/widerstand-befreiung-wiederaufbau.phtml
Veröffentlicht: 7. Mai 2015