Der Augarten muss ein Wohnzimmer für alle Menschen bleiben!
Ein Kommentar von Robert Krotzer
Seit knapp drei Jahren wohne ich in unmittelbarer Nähe des Grazer Augartens. Und ich habe den Park lange davor schon geliebt: Weil hier Platz für alle Menschen in unserer Stadt war – ganz egal welches Alter, welche Herkunft, welche Schicht; hier waren alle neben- und miteinander. Hier war Platz zum Spielen für Kinder, daneben haben sich Familien getroffen, und gleich nebenan haben Jugendliche wie Erwachsene wahlweise Sport ausgeübt, Bier getrunken oder beides, in wechselnder Reihenfolge. Dann aber kamen Bagger und Bauzäune, die große Teile des Augartens für ein knappes Jahr okkupierten. Der Beschluss dafür war eine von vielen Ho-Ruck-Aktionen der ÖVP/FPÖ-Koalition. Eine von den Oppositionsparteien eingeforderte Beteiligung der BürgerInnen und NutzerInnen wurde niedergestimmt. Als der Umbau fertig war, kam Corona – und die Bucht entwickelte sich gerade während der Zeit geschlossener oder nur eingeschränkt nutzbarer Gastro-Betriebe zu einem regelrechten In-Treff. So weit, so verständlich; wären da nicht ein paar vorab kaum durchdachte Probleme, wie die Verlegung einer der stärkst befahrenen Radrouten der Stadt durch einen nun noch stärker genutzten Park. Zugleich spürt man zunehmend, wie die bisher weitgehend konsumfreie Grünanlage mehr und mehr kommerziellen Interessen geöffnet wird, denkt man etwa an die sogenannten „Food-Trucks“ oder neue Gastro-Betriebe, die ein kaufkräftigeres Publikum anziehen sollen. Ob angesichts dieser Verwertungslogik am Ende noch alle bisherigen NutzerInnen ihr Platzerl im Augarten haben werden, ist fraglich.
Heute schließlich wurden vom Bürgermeister Nagl in der Kleinen Zeitung, in der Kronen Zeitung und im Grazer neue Pläne für den Augarten präsentiert. Wohlgemerkt verpackt als Ergebnis eines „BürgerInnenbeteiligungsprozesses“, der gestartet wurde, nachdem die Baumaschinen wieder abgezogen waren und an dem – mangels ausreichender Information und Bewerbung – kaum ein relevanter Anteil der NutzerInnen und AnrainerInnen teilgenommen hat. Auf der Vorhaben-Liste stehen: Fortsetzung der „Food-Trucks“, Schach-Tische, Tischtennis-Tische, ein Wasserspielpark, die Erweiterung des Kinderspielplatzes – und eine Boulebahn, deren Einweihung Bürgermeister Nagl „kaum mehr erwarten kann“. Dem Vernehmen nach soll dem neuen Pächter des Kiosk, Frankowitsch, auch die Errichtung eines Gastgartens zugesagt worden sein, was dem vorigen Pächter 30 Jahre lang verwehrt blieb...
Nun ist nicht jede Idee davon verwerflich und manches, wie etwa ein dringend nötige zweite Toiletten-Anlage, fehlt sogar auf der Liste. Aber wer die Größe des Augartens und seine Beliebtheit kennt, weiß, dass die Umsetzung all der Pläne nur durch Opferung weiterer wertvoller Grünflächen möglich sein wird. Grünflächen, die gerade im Bezirk Jakomini eh schon sehr knapp sind.
Sehr treffend hat Bernd Hecke in der Kleinen festgestellt: „Wird alles realisiert, ist zu fürchten, dass der Platz in dem längst überlaufenen Park ganz ausgeht, er mehr Konflikt- als Ruhezonen hat. Die Politik muss jetzt darauf achten, eine der raren Grünfläche im Bezirk Jakomini nicht zur totalen Gastro- und Eventmeile umzubauen. Urbane Parks haben viele Funktionen für Menschen jeden Alters und aller Schichten zu bieten. Da geht es in erster Linie um qualitative Freiräume, nicht um immer stärker durchdesignte Erlebnisparcours.“
Dem ist wenig hinzuzufügen. Außer dass wir uns als KPÖ weiter dafür einsetzen werden, dass der Augarten ein Wohnzimmer für alle Menschen bleibt – und nicht zum kommerziellen Rummelplatz verkommt.
Robert Krotzer ist Stadtrat für Gesundheit und Pflege in Graz.
Kontakt: robert.krotzer@stadt.graz.at
Tel.: 0316 872-2070
Veröffentlicht: 15. März 2021