"Das Dach über dem Kopf muss sicher bleiben"
90 Jahre Mietengesetz - Stellungnahme von Wohnungsstadträtin Elke Kahr
Vor 90 Jahren, am 7. Dezember 1922 hat das österreichische Parlament mit dem Beschluss über das Mietengesetz ein wichtiges Signal für den Mieterschutz gesetzt. Die Grazer Wohnungsstadträtin Elke Kahr betonte deshalb am Donnerstag, dass es 90 Jahre danach darum geht, unter neuen Bedingungen mit gesetzlichen Maßnahmen einen Damm gegen die Geschäftemacherei mit der Wohnungsnot zu errichten.
Massive Mieterhöhungen aufgrund der hohen Inflation während des ersten Weltkrieges, daraus resultierende Massenkündigungen und anhaltende MieterInnenproteste führten vor allem in Wien führte im Jänner 1917 zur ersten k.u. k Verordnung zum Schutze der Mieter. In dieser Verordnung sowie in zwei weiteren kurz vor und nach Kriegsende wurden bereits ein Verbot willkürlicher Mietzinserhöhungen sowie Kündigungsbeschränkungen festgeschrieben. Diese wesentlichen Mieterschutzbestimmungen gingen im 1922 beschlossenen Mietengesetz auf. Ohne die vorangegangenen Protest- und Kampfaktionen von Mieterinnen und Mietern gegen Hausherrenwillkür und Spekulation hätte das nicht erreicht werden können.
Mietzinsobergrenzen, Kündigungsschutz, Pflicht zur Rechnungslegung der Betriebskosten sowie Erhaltungspflichten des Vermieters gehören bis zum heutigen Tag zu den Eckpfeilern des Mietrechtsgesetzes, welches das Mietengesetz 1982 ablöste.
Freilich wurden die Mieterschutzbestimmungen sukzessive aufgeweicht. Vermietern wurde es nach und nach erleichtert, höhere Mieten zu verlangen. Besonders das 1997 eingeführte Richtwertsystem ermöglicht durch seine unzähligen Zuschlagsmöglichkeiten horrende, kaum noch nachvollziehbare Mieten. Aber auch die immer größer werdende Zahl von Ausnahmen aus dem Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes höhlt den Mieterschutz aus.
Elke Kahr: „ Das Mietrechtsgesetz sichert Menschen das sprichwörtliche Dach über dem Kopf, ohne der Willkür des Vermieters ausgeliefert zu sein. Um aber der Preistreiberei bei den Mieten endlich Einhalt zu gebieten, ist es höchst an der Zeit, das undurchschaubare Richtwertsystem zugunsten klarer Mietzinsobergrenzen wieder abzuschaffen.“
Veröffentlicht: 6. Dezember 2012