Corona zeigt: viel zu wenig Wertschätzung für Betreuungsarbeit
KPÖ-Frauensprecherin Christine Braunersreuther zur SORA-Studie: „Die Situation von Eltern während der Coronapandemie kann nur als Überlastung bezeichnet werden.“
Gestern wurden die Ergebnisse der SORA-Studie zur Situation von Eltern während der Coronapandemie veröffentlicht. „Wer darin sinnerfassend gelesen hat, konnte nicht anders als schockiert sein“, kommentiert KPÖ-Frauensprecherin Christine Braunersreuther das Ergebnis. Denn die Studie zeigt deutlich, wie sehr sowohl zeitliche als auch psychische Belastungen an Familien ausgelagert wurden – und um wieviel mehr ökonomisch eher schwache Familien unter der Krise gelitten haben.
Dabei, so Braunersreuther, sei die Studie im Wesentlichen im Ansatz falsch. Denn wenn nach Arbeitszeiten gefragt wurde, dann war darin nur die Erwerbsarbeit gemeint. „Offensichtlich wurde wieder einmal ignoriert, dass Care-Arbeiten wie Kinderbetreuung und Haushaltstätigkeiten auch Arbeit sind“, empört sich Braunersreuther, die sich im Zuge ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hat. Antworten wie „Ich betreue die Kinder während ich zuhause arbeite“ wären sonst nämlich gar nicht im Bereich des Möglichen. „Kein Mensch kann ein Kind – egal ob ein Kleinkind oder einen Teenager im oft unzureichend von der Lehrerinnenschaft angeleiteten Homeschooling – ernsthaft betreuen und dabei konzentriert arbeiten“, weiß sie auch aus eigener Erfahrung. Wer es dennoch versucht – und das tun laut Studie 40-50 % der Erziehungsberechtigten derzeit – weiß, dass dies nur mit übermäßiger Anstrengung und Nacharbeitszeiten in den Morgen- oder Nachtstunden machbar ist. „Von diesen Leistungen ist nie die Rede, wenn die Regierung von dem großen Erfolg ihrer Maßnahmen spricht. Dass Familien – und darin vor allen Dingen die Mütter – sich über Gebühr strapazieren, wird kommentarlos vorausgesetzt“, ärgert sich Braunersreuther.
Eines zeigt die Studie deutlich: Die größte gesamte Arbeitslast der Krise tragen Alleinerzieher*innen und Frauen in systemerhaltenden Berufen. Also genau jene Personen, deren Bezahlung meist relativ prekär ist. Viele von ihnen haben ihren Jahresurlaub bereits aufgebraucht – obwohl die Situation derzeit alles andere als Urlaub für sie bedeutet. „Hier müssen Lösungen gefunden werden, um diese Frauen zu entlasten“, fordert Braunersreuther. Denn sonst seien Folgeerkrankungen wie etwa Erschöpfungsdepression quasi vorprogrammiert.
Veröffentlicht: 6. Mai 2020